IS-Chef al-Bagdadi aus irakischer Stadt Mossul geflohen

Regierungstruppen mit einer umgedrehten IS-Flagge.
Regierungstruppen mit einer umgedrehten IS-Flagge.APA/AFP/MOHAMMED SAWAF
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Die Jihadistenmiliz gerät aufgrund der Offensive der irakischen Armee zusehends unter Druck. Iraks Truppen stehen kurz vor der Altstadt der einstigen IS-Hochburg.

Angesichts des Vorrückens der irakischen Armee in der IS-Hochburg Mossul ist der Chef der Jihadistenmiliz, Abu Bakr al-Bagdadi, nach US-Angaben offenbar aus der Stadt geflohen. Al-Bagdadi sei am Leben, habe die zweitgrößte irakische Stadt aber "wahrscheinlich" verlassen, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Mittwoch in Washington.

Al-Bagdadi habe "wahrscheinlich keinen taktischen Einfluss auf die Art und Weise, wie die Schlacht (um Mossul) geführt wird", sagte der US-Vertreter. Möglicherweise habe al-Bagdadi seinen Militärführern aber "große strategische Orientierungen" an die Hand gegeben.

Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte Mossul im Juni 2014 erobert. Al-Bagdadi rief damals bei seinem einzigen öffentlichen Auftritt dort das "Kalifat" des IS aus, welches irakische und syrische Gebiete umfasste. Von den US-Geheimdiensten und US-Spezialkräften wird al-Bagdadi genauso unerbittlich gejagt wie früher der Chef des Terrornetzwerks Al-Kaida, Osama Bin Laden, den ein US-Spezialkommando im Mai 2011 schließlich in Pakistan tötete.

Die irakischen Truppen sind in Mossul derzeit auf dem Vormarsch. Den Ostteil der zweitgrößten irakischen Stadt hatten die irakischen Sicherheitskräfte Ende Jänner eingenommen. Am 19. Februar starteten sie eine Offensive zur Rückeroberung des dichter besiedelten Westteils von Mossul.

IS könnte sich ins Euphrattal zurückziehen

Dabei nahmen sie am Mittwoch auch das berüchtigte Gefängnis Badush ein. Dort hatte der IS 2014 etwa 600 zumeist schiitische Gefangene hingerichtet. Außerdem waren dort hunderte Frauen der religiösen Minderheit der Jesiden eingesperrt worden.

Der Pentagon-Vertreter sagte, es sei damit zu rechnen, dass sich der IS nach den jüngsten Rückschlägen in Mossul sowie im syrischen Raqqa ins Euphrattal zurückziehe. Die Idee eines Kalifats werde die Jihadistenmiliz seiner Einschätzung nach jedoch nicht aufgeben.

Am Donnerstag suchte die irakische Armee in den zuletzt eingenommenen Gebieten von Mossul nach Heckenschützen sowie nach von IS-Kämpfern zurückgelassenen Sprengsätzen, wie Abdel Amir al-Mohammedawi von der schnellen Eingreiftruppe der irakischen Armee der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Armee steht demnach kurz vor der Altstadt von Mossul. In dem dicht bevölkerten Stadtteil dürften die Kämpfe besonders schwierig werden.

50.000 Menschen aus West-Mossul geflohen

Hilfsorganisationen sind in Sorge um die hunderttausenden Menschen, die immer noch in West-Mossul ausharren und denen es an Nahrungsmitteln und Medikamenten fehlt. Rund 50.000 Einwohner sind bereits aus West-Mossul geflohen, wie die Internationale Organisation für Migration zu Wochenbeginn mitgeteilt hatte.

In Mossul "waren wir menschliche Schutzschilde" in der Gewalt des IS, sagte der 25-jährige Beamte Abdel Rasak Ahmed, dem die Flucht gelang. "Das Leben war schwierig, wir hatten Hunger," schilderte ein anderer Flüchtling.

In Hajaj nördlich von Bagdad griffen am Mittwochabend zwei Selbstmordattentäter eine Hochzeitsgesellschaft an. Dabei wurden mindestens 26 Menschen getötet und 25 weitere verletzt, wie ein Polizeibeamter und ein Arzt am Donnerstag mitteilten. Der erste Selbstmordattentäter sprengte sich demnach inmitten tanzender Männer in die Luft, der zweite einige Minuten später.

Zu dem Doppel-Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Selbstmordanschläge im Irak werden häufig vom IS verübt.

(APA/AFP)

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