Einen Tag nach dem Aufsichtsrat gibt es auch im Vorstand der Bawag einen Umbau. Bawag-Chef Haynes geht per Jahresende. Er hat die Bank auf Rendite getrimmt. Zuletzt gab es aber auch Konfliktpunkte mit Eigentümer Cerberus.
Wien. Es war definitiv eine Überraschung. So lauteten am Donnerstag die meisten Kommentare in der heimischen Bankbranche, nachdem kurz zuvor bekannt geworden war, dass Bawag-Chef Byron Haynes seinen Vertrag um über ein Jahr verkürzt und bereits per Jahresende das Institut verlässt. Und auch bei Unternehmen, die im Umfeld der Bank tätig sind, wurde selbst die oberste Führungsspitze von der Nachricht unvorbereitet getroffen.
Bei der Bawag gibt es somit innerhalb von nur zwei Tagen sowohl im Aufsichtsrat als auch im Vorstand eine neue Führung. Denn wie berichtet, übernahm der Spanier Manuel González Cid, ehemaliger Finanzvorstand der BBVA, am Mittwoch den Vorsitz im Kontrollgremium der Bank von Franklin Hobbs. Haynes wiederum wird bis zum Jahresende zusammen mit dem bisherigen Finanzvorstand der Bank, Anas Abuzaakouk, die Bank leiten. Dann scheidet er aus, und der 39-jährige Amerikaner Abuzaakouk bleibt allein Bawag-Chef.
Zeit zu gehen?
Nach knapp zehn Jahren in der Bank und der „erfolgreichen Neuausrichtung“ des Instituts habe der 1966 geborene Brite sich dazu entschlossen, das Unternehmen zu verlassen. Für ihn sei nun der richtige Zeitpunkt für einen Abschied gekommen. So lautet die offizielle Version vonseiten der Bawag. Sein Vertrag wäre eigentlich noch bis März 2019 gelaufen.
Und in weiten Teilen ist diese Version auch sicherlich richtig. So hat Haynes in den vergangenen Jahren aus der ehemaligen Krisenbank eines der renditestärksten Finanzinstitute Österreichs gemacht. Durch rigorose Sparmaßnahmen konnten trotz Niedrigzinsumfelds und niedriger Margen auf dem heimischen Markt wieder hohe Gewinne erzielt werden. So steigerte das Institut seinen Nettogewinn im Vorjahr um 23 Prozent erneut deutlich auf das Rekordniveau von 484 Mio. Euro. Besonders eindrucksvoll ist dieses Ergebnis, wenn man es mit dem Wert von 2012 vergleicht, als die Bank ihre Strategie grundsätzlich änderte. Seit damals hat die Bawag ihr Produktportfolio massiv gestrafft und sich vollständig aus Osteuropa zurückgezogen. Das Vorsteuerergebnis hat sich im selben Zeitraum von einst 110 Mio. Euro mehr als vervierfacht.
Dieser strategische Umbau gilt nun als weitgehend abgeschlossen. Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass Haynes sich einer neuen Herausforderung stellen will. Nicht zuletzt, da seine Familie nach wie vor in Budapest lebt und er seit fast zehn Jahren wöchentlich pendelt.
Allerdings gibt es auch ein paar Anhaltspunkte, dass andere Gründe diesen Abschied zumindest beschleunigt haben könnten. Da ist zuerst einmal das umstrittene Bonusprogramm der Bawag, das im Herbst 2016 bekannt wurde. Laut in den Jahren 2013/14 gegebenen Zusagen hätten rund 20 Manager 189 Mio. Euro an Boni erhalten sollen. Die größten Brocken wären dabei auf Hobbs und Haynes entfallen. Die EZB als Aufsichtsbehörde stoppte zwar das Programm. Die Berichterstattung darüber sorgte jedoch dafür, dass der geplante Verkauf von 40 Prozent der Bawag an den staatlichen kanadischen Pensionsfonds CPP durch Cerberus scheiterte. Die Kanadier sollen Angst vor schlechter Publicity im eigenen Land gehabt haben. Dieses Scheitern eines Teilverkaufs der Bawag soll wiederum bei Cerberus für Ärger gesorgt haben. Haynes war zwar Begünstigter des Programms, für die Ausgestaltung hauptverantwortlich war jedoch Ex-Aufsichtsratschef Hobbs.
Welche Strategie?
Doch auch zwischen Hayens und Cerberus könnte es zuletzt Konflikte gegeben haben – und zwar über die strategische Ausrichtung der Bank. So bringt das Geschäft in Österreich aufgrund der Kostensenkungen zwar Rendite, großes Wachstum ist jedoch nicht mehr zu erwarten. Und eine solche Wachstumsstory benötigt die Bawag, um für einen Käufer attraktiv zu sein. Haynes hat daher bereits versucht, im Ausland zuzukaufen. Dabei ist er aber etwa im Fall der deutschen Postbank gescheitert.
Daher wurde in den vergangenen Jahren das „internationale Geschäft“ in London und den USA aufgebaut. Laut „Presse“-Informationen soll es sich dabei vor allem um Investmentbanking – beispielsweise den Kauf und die Abwicklung von notleidenden Kreditportfolios handeln. Der Ausbau dieses Geschäfts würde jedoch der von Haynes propagierten Strategie einer mitteleuropäischen Retail-Bank widersprechen. Ein Wechsel zu Abuzaakouk, der bei Cerberus bereits für die Restrukturierung von Finanzinvestments tätig war, würde somit Sinn ergeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2017)