Schulreform: Ministerin will es jetzt durchziehen

PRÄSENTATION SCHULAUTONOMIEPAKET: MAHRER/HAMMERSCHMID/HASLAUER
PRÄSENTATION SCHULAUTONOMIEPAKET: MAHRER/HAMMERSCHMID/HASLAUERAPA/HELMUT FOHRINGER
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Nach zähem Ringen schickt die Regierung das Schulautonomiepaket und die neue Schulverwaltung in Begutachtung. Und will gegenüber den Lehrern hart bleiben: Die Eckpunkte seien nicht weiter verhandelbar.

Wien. Man habe monatelang daran gefeilt. Nun sei das Schulautonomiepaket fertig. Und es werde jetzt auch durchgezogen: So formulierte es am Freitag Sonja Hammerschmid (SPÖ). Der Kern der Bildungsreform geht also nun – zusammen mit der neuen Schulverwaltung – in Begutachtung.

Gute Ideen könnten im Begutachtungsprozess natürlich immer eingebracht werden, sagte die Ministerin in Richtung der Lehrergewerkschaft. Die hatte am Donnerstag zwar grünes Licht für die Begutachtung gegeben, will inhaltlich jedoch nachverhandeln. „Die Eckpunkte stehen. Und die Eckpunkte sind nicht weiter verhandelbar.“

Dem schloss sich auch Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) an, der appellierte, sich nicht vor allen Neuerungen zu fürchten. „Wenn wir in der Steinzeit alle in die Pampers gemacht hätten, als wir das Feuer erfunden haben, aus Angst uns zu verbrennen, wären wir vermutlich damals ausgestorben.“


Schulautonomie. Die Autonomie soll den Standorten mehr Gestaltungsspielraum geben. Direktoren sollen unter anderem über Klassengrößen und Dauer der Unterrichtseinheiten entscheiden und ihre Lehrer auswählen dürfen. Die Autonomie soll langfristig auch die Schulversuche obsolet machen.


Cluster. Die größte Änderung im Autonomiepaket sind die Cluster, zu denen sich bis zu acht Schulen zusammenschließen können sollen, die von einem Leiter geführt werden. Das soll unter anderem mehr Effizienz bringen. Dass ein Zusammenschluss unter bestimmten Umständen Pflicht sein soll, ist einer jener Punkte, an denen sich die Gewerkschaft stößt.


Schulverwaltung. Die Verwaltung soll in Grundzügen gleich bleiben – Bundeslehrer bleiben Bundeslehrer, Landeslehrer bleiben Landeslehrer –, die Verwaltung soll aber wie jetzt schon in den östlichen Bundesländern unter einem Dach erfolgen. Die bisherigen Landesschulräte werden zu Bildungsdirektionen. Der Bildungsdirektor ist ein Bundesbeamter, untersteht aber je nach Thema dem Land oder dem Bund. Der Landeshauptmann kann aber Präsident der Bildungsdirektion werden.


Abrechnung. Zentrale Neuerung in diesem Punkt: Erstmals werden alle Lehrer zentral über das Bundesrechenzentrum abgerechnet. Damit bekommt der Bund erstmals einen Einblick über den Lehrereinsatz in den Bundesländern.


Zeitplan. Umgesetzt werden sollen die Reformen in Etappen: Erste sogenannte Leuchtturmschulen sollen schon ab Herbst die neue Autonomie umsetzen können. Bis alle Schulen umgestellt sind, dauert es aber fünf bis zehn Jahre. Die einzelnen Gesetze zur Autonomie treten mit 2017 bzw. 2018 in Kraft. Die Bildungsdirektoren können ab 2018 bestellt werden. Die neue Behörde soll Anfang 2019 eingerichtet sein.

Die Reaktionen auf das Paket sind gemischt: Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser hält die Reform für misslungen. Er fürchtet im ORF, dass bei der Schulverwaltung Interessenskonflikte und Doppelgleisigkeiten fortgeschrieben werden und die Chance für künftige Veränderungen verspielt wurde.

Die Schüler sind skeptisch, die Eltern gespalten: Jene an den Pflichtschulen sehen das Paket positiv, die an den mittleren und höheren Schulen erkennen keinen direkten Nutzen für die Schüler.

Die Grünen sehen keinen großen Wurf, stehen aber angesichts der Zweidrittelmehrheit, die es im Parlament braucht, für Verhandlungen zur Verfügung. Die FPÖ hält das Paket für unausgereift, die Neos vermissen finanzielle Autonomie für die Schulen, und das Team Stronach fordert die Bildungsministerin auf, die Lehrergewerkschaft in die Schranken zu weisen.

Empört über die Rolle der Lehrer ist Angewandte-Rektor, Gerald Bast. Dass die Gesetzesentwürfe erst nach dem Okay der Gewerkschaft in Begutachtung geschickt würden, stelle die Verfassung auf den Kopf. (beba/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2017)

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