Keynes vs. Hayek

Die kreative Kraft ökonomischer Gegensätze

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Der britische Autor der "General Theory" und der Emigrant aus Wien, der "The Road to Serfdom" schrieb, haben auch viele Gemeinsamkeiten. Wenn auch letztendlich nicht auf dem weiten Feld der Wirtschaftslehre.

John Maynard Keynes und Friedrich August von Hayek gelten als Antagonisten im weiten Feld der Ökonomie des 20. Jahrhunderts. Das ist praktisch für Gnostiker, die unsere Welt sonnenklar in Gut und Böse scheiden wollen, doch im Falle dieser beiden Professoren scheint das nicht ganz fair und zureichend zu sein. Beide haben beim Errichten ihrer komplexen Denkgebäude enorme Entwicklungen durchgemacht, gewagte Wendungen vollzogen, ihr Wirken war zudem auf keinen Fall synchron. Als Keynes 1946 starb, hatte Hayek seine große Zeit und bedeutende Werke noch vor sich. Er erlebte sogar den Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums und starb erst 1992.

Der 1883 geborene Brite Keynes hat mit seiner „General Theory of Employment, Interest, and Money“ (1936) ein Jahrhundertwerk geschrieben, viele Theoretiker halten ihn deshalb auch für den Jahrhundert-Ökonomen. Zur Zeit der Depression setzte sich der einst Liberale beharrlich und öffentlichkeitswirksam für eine Politik ein, die durch Schulden finanzierte öffentliche Ausgabenprogramme erfindet, zugleich sollten Zinsen langfristig gesenkt werden. Diese riskanten Ideen von Keynes wurden durch US-Präsident Franklin D. Roosevelt im New Deal der Dreißigerjahre übernommen. Seither gelten sie immer wieder als Erfolgsmodell, nicht nur für überzeugte Linke. Sogar der republikanische US-Präsident Richard Nixon soll 1973, als die große Ölkrise virulent wurde, gemeint haben: „Wir sind jetzt alle Keynesianer.“ Das bedeutet nicht viel. Von welchem Keynes? Dieser freie Geist, der rastlos über Einkommens- und Beschäftigungstheorien nachdachte, hatte viele Facetten. Er war offen für Ratschläge und meist auch bereit, seine Meinungen zu revidieren – ein Mann der Praxis eben.

»Hayeks Bestseller "The Road to Serfdom" (1944) machte ihn vor allem in Großbritannien auf Jahre hin zum Außenseiter, obwohl gerade Keynes dieses Buch wohlwollend bewertete – so wie Joseph Schumpeter und George Orwell.«

Der 1899 geborene Österreicher Hayek hingegen hat zwar in jungen Jahren mit der Planwirtschaft sympathisiert, doch nach dem Studium von Ludwig von Mises' Buch „Die Gemeinwirtschaft“ (1922), in dem Wirtschaftsrechnung und sozialistisches Gemeinwesen als unvereinbar dargestellt werden, wandte er sich mehr und mehr gegen allzu viel Interventionismus. Vor allem die marode Erste Republik nährte seine Skepsis gegen staatliche Eingriffe. Hayeks Bestseller „The Road to Serfdom“ (1944) machte ihn vor allem in Großbritannien auf Jahre hin zum Außenseiter, obwohl gerade Keynes dieses Buch wohlwollend bewertete – so wie Joseph Schumpeter und George Orwell. In England regierte damals Keynes im Feld der Ökonomie, während Hayek noch Jahrzehnte auf die große Anerkennung warten musste. Spät, 1974, erhielt er den Nobelpreis für Wirtschaft, gemeinsam mit dem Schweden Gunnar Myrdal, für, so die Begründung, richtungsweisende Arbeiten auf dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie sowie Analysen der wechselseitigen Abhängigkeit von wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Verhältnissen.

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