In Österreich werden sie angedichtet, im Ausland können sie einen sogar in brenzlige Situationen bringen. Drei Titel-Anekdoten aus dem Alltag.
Miss Mag.
Ich habe den Flug nicht gebucht, das war eine amerikanische Universität, die zu einer internationalen Konferenz in Washington eingeladen hat. Da meldet man sich schon mit akademischem Titel an, dachte ich mir, wie sieht das denn sonst aus. Das jedoch führte zu Verwirrungen beim Veranstalter, die dachten, Mag. sei Teil des Nachnamens. Und so wurde ich nicht nur angesprochen, zu meinem Vortrag angekündigt – so wurde auch der Flug gebucht: Miss Magoezkan statt Oezkan. Interessanterweise haben sie mich so aus Schwechat rausfliegen lassen, beim Rückflug aus Washington jedoch habe ich Bäche geschwitzt, weil ich die Pass- und Ticketkontrolleure kaum davon überzeugen konnte, dass ich ich bin, mit Titel halt. Da wurde ich hin- und hergereicht, und allen freundlichen Herren habe ich den Magister erklären dürfen, der letzte hat mir äußerst knapp vor dem Abflug netterweise doch noch geglaubt. duö
Doktor ohne Dissertation
Das erste Mal: kurz vor Antritt der ersten Arbeitsstelle. Da ließ mein späterer Angetrauter sogar den Urlaub aus, um eine Doktorarbeit zu schreiben – der Arbeitgeber hatte sie zur Bedingung gemacht. Er hat sie nie eingereicht, der Arbeitgeber nie wieder danach gefragt. Danach unternahm er noch eine nicht mehr rückverfolgbare Anzahl an Versuchen, in mühseliger Kleinarbeit die Fußnoten der Dissertation zu aktualisieren (die zitierten Bücher waren seither mehrmals neu aufgelegt worden), um das Ding doch noch einzureichen. Völlig vergeblich.
Doktor ist er freilich trotzdem. Gleich mehrere seiner Mandanten bestehen darauf, ihren Rechtsanwalt so zu nennen, außerdem der afghanische Schneider, der türkische Schuster, der Schuhmacher, der Apotheker und die Trafikantin. Nach mehrmaligem Hinweis, er sei doch nur Magister, gibt er üblicherweise irgendwann auf. Zumal es den Leuten Freude zu machen scheint, sich mit fremden Titeln zu schmücken. Verwirrung brach nur aus, als plötzlich von einer Frau Doktor die Rede war. Das wäre, wie sich herausgestellt hat, dann ich gewesen. tes
Der Honorarprofessor
Man kennt das und hat es oft beobachtet: Eine Podiumsdiskussion ist im Gange, am Ende darf sich das Publikum zu Wort melden. Wer aufsteht und eine Frage an die Diskutanten stellt, die meist zu einer ausschweifenden Wortmeldung verkommt („Was ist bitte Ihre Frage?“), soll sich vorstellen. Und dann steht jemand auf, beispielsweise ein bekannter Rechtsanwalt, sagt seinen Namen, führt lang und breit aus, was er macht und fügt am Schluss der kleinen Vorstellungsrunde auch noch die wichtige Information hinzu: „Ich bin Professor“, setzt dann aber kompliziert nach: „Also nur Honorarprofessor, nicht ein echter.“ Hauptsache, die Gäste und das Podium weiß das jetzt auch. Es tut zwar nichts zur Sache, aber die werten Anwesenden sollen doch wissen, mit wem sie es zu tun haben. awa
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2017)