Türkei: Diplomaten dürfen zu inhaftiertem "Welt"-Journalisten Yücel

Deniz Yücel
Deniz Yücel (c) APA/AFP/dpa (KARLHEINZ SCHINDLER)
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Seit fünf Wochen sitzt der türkischen Journalist Deniz Yücel in der Türkei im Gefängnis. Nun erhalten erstmals deutsche Diplomaten Zugang zu ihm.

Rund sieben Wochen nach der umstrittenen Festnahme des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel gestattet die Türkei deutschen Diplomaten erstmals Zugang zu dem Inhaftierten. Generalkonsul Georg Birgelen darf den 43-jährigen "Welt"-Korrespondenten nach dpa-Informationen am Dienstag im Gefängnis besuchen.

Yücel ist seit fünf Wochen in der Haftanstalt Silivri bei Istanbul inhaftiert. Zuvor war er bereits zwei Wochen in Polizeigewahrsam.

Die türkischen Behörden hatten dem Auswärtigen Amt am Montag mitgeteilt, das Yücel ab sofort von der Botschaft betreut werden dürfe. Deutsche Diplomaten hatten bisher keinerlei Zugang zu ihm.

Vorwurf der Volksverhetzung sowie Terrorpropaganda

Dem Journalisten werden Volksverhetzung sowie Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die von Ankara geächtete Gülen-Bewegung vorgeworfen. Ankara macht diese für den gescheiterten Putsch im Juli 2016 verantwortlich.

Außenminister Sigmar Gabriel erklärte am Rande seiner Gespräche in Luxemburg, er habe seinen Kollegen Mevlüt Cavusoglu am Freitag nochmals gebeten, dass Deutschland Zugang zu Yücel erhält. Nun gebe es endlich Gelegenheit, "uns nach schweren Tagen der Haft von seinem Wohlbefinden zu überzeugen".

Der Chefredakteur von "WeltN24", Ulf Poschardt, dankte der deutschen Bundesregierung "für ihre Hartnäckigkeit und Entschiedenheit". Doch könne die Entscheidung der türkischen Behörden nur ein erster Schritt sein. Die Vorwürfe gegen Yücel seien haltlos. "Deniz Yücel muss schnellstmöglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden." Der Forderung schloss sich der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, an. "Sein einziges "Verbrechen" ist kritischer und unabhängiger Journalismus."

Zugang zu Journalisten wurde anfangs nicht gewährt

Ministerpräsident Binali Yildirim hatte nach Angaben des Auswärtigen Amts schon Anfang März der Bundesregierung zugesagt, dass Botschaftsmitarbeiter Zugang zu Yücel erhalten - dieser wurde aber zunächst nicht gewährt. Die Türkei ist auch nicht dazu verpflichtet, eine konsularische Betreuung zu gewähren - denn Yücel ist nicht nur deutscher, sondern auch türkischer Staatsbürger.

Der Fall Yüzel

Die stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende der Linken, Caren Lay, begrüßte die "überfällige" Entscheidung, dass Diplomaten Zugang zu Yücel erhalten. FDP-Chef Christian Lindner schrieb auf Twitter, der Zugang zu Yücel wäre in jedem EU-Land selbstverständlich. "Bei aller Erleichterung: Das zeigt den Charakter der Erdogan-Türkei."Deniz Yücel wird seit Mitte Februar in der Türkei festgehalten, offiziell wird ihm Terrorismusunterstützung vorgeworfen. Yücel hatte sich am 14. Februar der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Zwei Wochen später ordnete ein Haftrichter an, den deutsch-türkischen Journalisten wegen "Terrorpropaganda" und "Volksverhetzung" in U-Haft zu nehmen. Gemäß geltendem Recht kann diese bis zu fünf Jahren dauern. Die Entscheidung stieß in Deutschland auf scharfe Kritik, auch die Bundesregierung schaltete sich ein.

Der Journalist hatte sich im Februar selber ins Polizeipräsidium in Istanbul begeben, weil nach ihm gefahndet worden war.

Seine Anwälte haben inzwischen vor dem Verfassungsgericht in Ankara Widerspruch gegen den Haftbefehl eingelegt - es ist die letzte nationale Instanz.

"Rechtsstaatlich und politisch inakzeptabel"

Außenminister Gabriel hatte den Umgang der Türkei mit Yücel erst am Wochenende als "rechtsstaatlich und politisch inakzeptabel" kritisiert. Dem "Spiegel" sagte er: "Man muss ja fast annehmen, dass Yücel der türkischen Führung als politischer Spielball in einem schmutzigen Wahlkampf dient." Das stehe nicht im Einklang mit europäischen Werten.

(APA/dpa)

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