Nathan Trent ist Österreichs Kandidat beim Eurovision Song Contest. Im "Presse"-Interview erzählt der Tiroler über die Proben in Kiew, wie er zum Ausschluss Russlands steht und was seine beruflichen Zukunftspläne sind.
Kiew, Österreichische Botschaft. Ein Empfang zu Ehren des österreichischen ESC-Kandidaten Nathan Trent. Neben den versammelten Diplomaten und Geschäftsleuten erscheint der Sänger im schnittigen schwarzen Anzug und weißen Turnschuhen. Mit der Botschafterin Hermine Poppeller verspeist er eine Sachertorte, dann singt er sein Lied „Running on Air“ nur mit Gitarrenbegleitung. Das Publikum zollt ihm für die musikalische Kostprobe begeisterten Applaus. Vor dem Interview fragt er nach einem Schal.
Wie geht es Ihrer Stimme?
Gut. Ich bin nur ein bisschen müde, das geht dann auch auf die Stimme. Aber sonst ist alles okay.
Hatten Sie schon Gelegenheit Kiew anzusehen?
Wir haben eine kleine Stadtrundfahrt gemacht. Es ist schön und irrsinnig grün hier. Und viel heller, als ich es mir erwartet habe. Restaurierte Gebäude, sehr sauber und die U-Bahn ist ein Wahnsinn. Die Menschen sind angenehm freundlich und zuvorkommend.
Wie laufen die Proben?
Wir hatten bisher zwei Proben zu je drei bis vier Durchläufen. Die erste Probe lief ganz gut, die zweite war... wie eine zweite Probe halt (lacht). Ich bin guter Dinge. Ich freue mich drauf, dass es am Mittwoch ernst wird und am Donnerstag noch ernster.
Was muss passieren, dass Sie bei Ihrem Auftritt am Donnerstag zufrieden sind?
Ich glaube, ich bin nie zufrieden, weil ich ein Perfektionist bin. Ich werde immer etwas haben, woran ich etwas aussetzen kann. Ich will immer mehr. Nichtsdestotrotz, ich bin glücklich, weil meine Änderungswünsche sofort umgesetzt wurden.
Zum Beispiel?
Der Screen war sehr pink, zu weiblich. Bei der ersten Probe habe ich die Änderung veranlasst. Jetzt bin ich zufrieden.
Sie haben drei Minuten Zeit, um das europäische Publikum zu überzeugen...
Es reichen ein paar Sekunden. Wenn ich etwas vom Theater gelernt habe, dann das: Die ersten paar Sekunden sind das wichtigste. Wenn man da die Leute hat, dann ist es schon leichter.
Welche Songs sind die Erfolgssongs beim ESC?
Es gibt kein Rezept. Als ich meine Songs geschrieben habe, hab ich mich gefragt, ob man ein Lied auf den Contest hinschreiben kann. Was bisher gewonnen hat, war das Statement. Natürlich muss der Song gut sein, er muss gut produziert sein und man muss ihn singen können. Aber es geht darum den Zeitgeist zu treffen, die Stimmung: Was wollen die Leute? Mir persönlich hilft irrsinnig, dass ich mit meinem eigenen Lied hingehen kann, weil ich ein Thema anspreche, das jeder kennt: die Aufs und Abs des Lebens. Es ist schön, dass ich meine Erfahrungen mit so vielen Leuten teilen kann.
„Running on Air“ ist ein sehr persönlicher Song, aber auch einer, der keine große Tanzeinlage hat. Ist das nicht ein bisschen schade?
Die anderen vier Songs, die ich geschrieben habe, waren schneller. Dann wurde ich gefragt, ob ich noch etwas anderes auf Lager hätte. Ich willigte ein. Jetzt bin ich sehr glücklich darüber, der Song ist genau der richtige.
Wie gehen Sie persönlich mit Kritik um?
Ich habe Musical studiert, von daher bin ich Kritik gewohnt. Ich bin ein Fan von Kritik, solange sie konstruktiv ist. Dann kann ich etwas daraus lernen und beim nächsten Mal besser machen. Anders ist es, wenn es beleidigend wird: Dann bringt es mich nicht weiter.
Was sind Ihre Pläne für später?
Zunächst ist der Song Contest das wichtigste. Ich habe schon einige Lieder parat, die ich veröffentlichen möchte. Ich möchte auf jeden Fall eine Single herausbringen.
Also nicht gleich wieder zurück auf die Musicalbühne?
Doch. Am Ende des Jahres werde ich in Innsbruck in der West Side Story den Tony spielen. Aber ich versuche nun, mehrere Dinge zu vereinen. Wenn der Song Contest als Plattform für meine Musik dienen kann, möchte ich ihn nutzen.
Wie stehen Sie zu dem Fall der russischen Kandidatin Julia Samoilowa, die in Kiew nicht antreten darf, weil sie auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ein Konzert gegeben hat?
Ich habe befürchtet, dass diese politischen Debatten den positiven Grundgedanken des ESC stören. Tun sie aber nicht. Ich freue mich sehr, dass die Menschen nach wie vor sehr positiv eingestimmt sind. Wir Kandidaten sind da, um unser Land zu vertreten, zu singen und Spaß zu haben.
Halten Sie es für richtig oder falsch, dass sie ausgeschlossen wurde?
Für sie persönlich hätte ich mich gefreut, wenn sie antreten hätte können. Zu den Hintergründen kann ich keine Stellung nehmen. Außerdem ist die Sache entschieden.