Edouard Philippe: Ein konservativer Premier für Macron

Edouard Philippe wird Premierminister von Frankreich.
Edouard Philippe wird Premierminister von Frankreich.(c) APA/AFP/CHARLY TRIBALLEAU (CHARLY TRIBALLEAU)
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Der sozialliberale französische Präsident hat es geschafft, einen konservativen Abgeordneten zu seinem Premierminister zu machen. Der Bürgermeister von Le Havre wechselt ins Macron-Lager.

Der gemäßigt konservative Politiker Edouard Philippe wird neuer französischer Premierminister. Staatschef Emmanuel Macron ernannte den 46-jährigen Abgeordneten und Bürgermeister der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre am Montag, wie der Präsidentenpalast mitteilte.

Macron will vor der Parlamentswahl im Juni ein breites politisches Bündnis schmieden, um eine Regierungsmehrheit für seine sozialliberalen Reformvorhaben zu gewinnen.

Philippe, der seine Matura in Bonn machte und Deutsch spricht, ist seit 2010 Bürgermeister von Le Havre und genießt in der Stadt großes Ansehen. 2012 wurde er in die französische Nationalversammlung gewählt.

Der langjährige Vertraute des früheren Premierministers und Mitte-Rechts-Politikers Alain Juppé war der breiteren Öffentlichkeit aber bisher unbekannt. Philippe wird der jüngste französische Premierminister seit mehr als 30 Jahren und löst den Sozialisten Bernard Cazeneuve ab. Die Amtsübergabe war für Montagnachmittag geplant.

Ex-Generaldirektor der UMP

Der Absolvent der Elite-Hochschulen Scienes Po und ENA war von 2002 bis 2004 unter Juppé Generaldirektor der neugegründeten konservativen Partei UMP, die später in Republikaner umbenannt wurde. Er sammelte auch Erfahrungen in der Privatwirtschaft, arbeitete zwischenzeitlich für eine französisch-amerikanische Anwaltskanzlei und den französischen Atomkonzern Areva.

Der 46-Jährige gilt als offen für eine Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Parteien. Als Student war er Anhänger des sozialistischen Reformpolitikers Michel Rocard. Während des diesjährigen Präsidentschaftswahlkampfes schrieb er eine Kolumne für die linke Tageszeitung "Liberation".

Mit Philippes Ernennung sendet Staatschef Macron, der als unabhängiger Kandidat mit seiner neu gegründeten sozialliberalen Bewegung die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, ein klares Signal an das konservative Lager. Der Präsident will möglichst viele Politiker anderer Parteien dazu bewegen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Das dürfte sich auch in der Zusammensetzung des Kabinetts widerspiegeln. Die Vorstellung der vorläufigen Regierungsmannschaft wird für Dienstag erwartet.

Zugleich dürfte Philippes Ernennung einen Keil zwischen die Konservativen treiben, denn bei den Republikanern sehen sich viele in Opposition zu Macron und hoffen auf eine absolute Mehrheit bei der Parlamentswahl am 11. und 18. Juni. Die Ernennung Philippes werde "die Rechte zerbrechen", verlautete am Montag aus Macrons Umfeld.

Besuch bei Merkel

Am Nachmittag reist Macron zu seinem Antrittsbesuch bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. Bei dem Gespräch im Kanzleramt (17.30 Uhr) dürften europapolitische Fragen und die deutsch-französische Zusammenarbeit im Mittelpunkt stehen. Der 39-jährige Pro-Europäer wirbt für eine Vertiefung der europäischen Integration und eine Stärkung der Eurozone. Er setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Berlin.

Macron will vor der Parlamentswahl im Juni die Grundlage für ein breites politisches Bündnis legen, um seine sozialliberalen Reformvorhaben durchsetzen zu können.

Etienne wird diplomatischer Berater

Und auch eine weitere Personalie gab Macron bekannt. Der bisherige französische Botschafter in Berlin, Philippe Etienne, wird diplomatischer Berater des Präsidenten. Das wurde am Sonntag aus dem Umfeld Macrons bestätigt. Der 61 Jahre alte Deutschland-Kenner, wie Macron Absolvent der französischen Elite-Verwaltungshochschule ENA, bekommt damit eine wichtige Funktion im Pariser Elyseepalast.

Etienne war seit 2014 Frankreichs Botschafter in Berlin. Macron, der am Sonntag ins Amt eingeführt wurde, hatte im Wahlkampf für eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland geworben. Am Montag reist er zum Antrittsbesuch zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel nach Berlin.

(APA/AFP)

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