Montblanc: Das Echo der Wunderkammer

Kreativ. Zaim  Kamal ist seit 2013 Chefdesigner von Montblanc.
Kreativ. Zaim Kamal ist seit 2013 Chefdesigner von Montblanc.(c) Beigestellt
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Ameisen im Bernstein und körperwarmer Granit: die historischen Recherchen von Zaim Kamal, Kreativdirektor von Montblanc.

In einem Interview erkor er einmal Egon Schiele und Otto Wagner zu Lieblingskünstler („aufgrund der Zeichnungen“) und Lieblingsarchitekt: Zaim Kamal hat ein Faible für historische Bedeutsamkeiten. Das zeigt auch seine jüngste Kollektion, „Scipione Borghese“. In dieser bezieht sich der Designer unter anderem auf die Codes der Kuriositätenkabinette der Renaissance, nützt die noch immer andauernde Anziehungskraft des Prinzips Wunderkammer; das deutsche Wort gibt es übrigens auch im Englischen, ebenso wie das Wort Kunstkammer. „Jede Ära hatte ihre Kuriositätenkabinette“, erzählt Zaim Kamal von seinen Recherchen, die er mit einem kleinen Team angestellt hat. „Und jede Ära hatte ihre Codes, also Dinge, die in jeder Wunderkammer von Rang enthalten sein mussten.“ Zu Lebzeiten des römischen Kardinals, Erzbischofs und Mäzens Scipione Caffarelli Borghese (1577–1633) war einer dieser Codes – gewissermaßen also ein Wunderkammer-Must-have – ein Bernstein mit Einschluss. Ebensolche, mit auf ewig konservierten Insekten, zieren nun zwei Manschettenknöpfe der Montblanc-Kollektion „Scipione Borghese“ aus der Sonderedition „Patron of Art“. Diese Edition würdigt seit 1992 historische Mäzene wie Joseph II. oder Peggy Guggenheim, parallel dazu wird jeweils der Montblanc Arts Patronage Award vergeben: an Kunstmäzene der Gegenwart.

Unikat. Manschettenknöpfe mit Bernstein samt Einschlüssen.
Unikat. Manschettenknöpfe mit Bernstein samt Einschlüssen. (c) Beigestellt

„In Borgheses Ära musste jede Wunderkammer neben dem Bernstein auch etwas Mineralisches haben, etwas Organisches, etwas von einem Tier, etwas von den Sternen und meistens einen Narwalzahn, den man für das Horn des mystischen Einhorns hielt“, führt Zaim Kamal weiter aus. Der Grund, warum England so viele Museen mit freiem Eintritt habe, „etwa das British Museum oder das Victoria and Albert Museum“, sei ebenfalls in der Geschichte der Kuriositätenkabinette zu finden, sagt Kamal, der am Central Saint Martins in London studiert hat: „Die Viktorianer haben viel gesammelt und wollten alles für die Bevölkerung verfügbar machen. Gewissermaßen wurden die Museen ihre Wunderkammern.“ Kamal sagt, er habe lang darüber sinniert, was eine Wunderkammer eigentlich sei. „Ich meine, sie sind Spiegel von Idealwelten, wie sie das Volk imaginiert hat.“

Stein. „Der Stein wird warm“: die Granitfüllfeder „Scipione Borghese“ LE 4810.
Stein. „Der Stein wird warm“: die Granitfüllfeder „Scipione Borghese“ LE 4810. (c) Beigestellt

Gravitas. Wenn es um die Entwürfe für die Kollektion „Patron of Art“ geht, gilt es, sich in das Leben und das Wirken des jeweiligen historischen Mäzens zu vertiefen. „Ich würde sagen, wir sind nach der Recherchephase keine Superexperten, aber doch ziemlich gut.“ Anhand von Büchern, Bildern, Aufzeichnungen macht sich das Montblanc-Kreativteam ein Bild dieser Person. Mit welchen Materialien und Farben sie sich umgeben hat, welche Menschen ihr wichtig waren. „Und vor allem, warum diese Person Mäzen wurde – und von welcher Art von Kunst.“ Borghese förderte unter anderem den Maler Caravaggio und den Bildhauer und Architekten Bernini, er sei immer an Aspekten der „Störung“ des Bekannten, an Irritationen interessiert gewesen, meint Kamal. Auch die Frage, warum Borghese die gleichnamige Villa in Rom so hat bauen lassen, wie sie ist, ist in den Entwurfsprozess eingeflossen: „Ich hatte das Gefühl, er wollte durch die Auswahl der Materialien gleichermaßen das Gefühl von gravitas, Schwere, und von Unbeschwertheit.“ Das Ergebnis in der Edition „Patron of Art“ sind Füllfedern mit Granit und Marmor, die dank ihrer Bauweise aber überraschende Leichtigkeit vermitteln. Eine besondere Hintergründigkeit lässt Zaim Kamal noch als Nachsatz los: „Der Stein wirkt kühl, aber er nimmt die menschliche Körperwärme auf. Wir haben hier also gleich zwei Wunderkammerelemente: das Mineralische und das Organische.“

Die Reise nach Madrid erfolgte auf Einladung von Montblanc.

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