Diplomatische Offensive stürzt Emirat Katar ins Abseits

REUTERS
  • Drucken

Das Emirat Katar ist am Montagmorgen überraschend von seinen Nachbarn isoliert worden. In einer offenkundig konzertierten Aktion brachen mehrere Länder alle diplomatischen Beziehungen ab. Die Fluglinie Etihad Airways alle Flüge in das Golfemirat ein.

Wegen des Vorwurfs der Terrorunterstützung haben mehrere Golfstaaten die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarland Katar abgebrochen. Damit ist das kleine Emirat am Persischen Golf, in dem 2022 die Fußball-WM ausgetragen werden soll, weitgehend isoliert. Katar bezeichnete die Schritte als "ungerechtfertigt".

Saudi-Arabien, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Ägypten warfen Katar am Montag vor, Terroristen zu unterstützen oder zu beherbergen. Es handelt sich um die schwerste diplomatische Krise in der Region seit Jahren.

Saudi-Arabien habe sämtliche diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen, um seine "nationale Sicherheit vor den Gefahren von Terrorismus und Extremismus zu schützen", zitierte die Nachrichtenagentur SPA einen Regierungsvertreter. Grund seien "grobe Verfehlungen der Behörden in Katar in den vergangenen Jahren". So gewähre das Land terroristischen Gruppen wie der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS), Al-Kaida und der Muslimbruderschaft Unterschlupf.

Die Nachrichtenagentur von Bahrain meldete, Manama breche die Beziehungen zu Doha wegen Katars anhaltender Bemühungen ab, "die Sicherheit und Stabilität Bahrains zu erschüttern und sich in innere Angelegenheiten einzumischen". Das ägyptische Außenministerium warf Doha ebenfalls Unterstützung des Terrorismus vor und verkündete, alle Häfen und Flughäfen würden für katarische Schiffe und Flugzeuge gesperrt.

Hamas-Führung verlässt Katar

Führende Mitglieder der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verlassen das langjährige Hauptquartier in der Golfmonarchie Katar. Die zweitgrößte Palästinensergruppe wird unter anderem von den USA, Israel und der EU als Terrororganisation eingestuft.

Katar hat nach Medienberichten die Hamas-Führung zur Ausreise aufgefordert. Der Hamas-Politiker Salih al-Bardawil nannte die Berichte am Montag "komplett unwahr". Nach seiner Darstellung organisiert sich die kürzlich gewählte Führung der Hamas neu, weil dies für ihre Arbeit notwendig sei. Die Beziehungen zwischen Katar und Hamas seien gut. Laut Medienberichten sollen die Hamas-Mitglieder unter anderem in die Türkei, in den Libanon und nach Malaysia gehen

Etihad kappt Flugverbindung

Die emiratische Fluggesellschaft Etihad kündigte die Einstellung sämtlicher Flugverbindungen von und nach Doha ab Dienstag an. Auch die Fluglinie Flydubai mit Sitz im Emirat Dubai will von Dienstag an Katar nicht mehr anfliegen.

Saudi-Arabien wies seine Bürger an, Katar binnen 14 Tagen zu verlassen. Kataris dürfen zudem nicht mehr nach Saudi-Arabien einreisen. Katar wurde zudem aus der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz ausgeschlossen, die seit zwei Jahren im Jemen gegen schiitische Rebellen kämpft.

Katar verurteilte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen als "ungerechtfertigt". Der Schritt basiere auf "falschen und gegenstandslosen Behauptungen", erklärte das Außenministerium in Doha. Ziel sei es offenbar, Katar politisch zu "bevormunden". Das katarische Außenministerium erklärte, es sei vom Abbruch der diplomatischen Beziehungen überrascht. Katar sei einer Hetzkampagne ausgesetzt, die auf Verleumdungen basiere.

In den vergangenen Wochen war der Führung in Doha unter anderem in mehreren US-Medien die Finanzierung von terroristischen Gruppen vorgeworfen geworden. Im vergangenen Monat hatte es zudem Aufregung über Meldungen der amtlichen katarischen Nachrichtenagentur gegeben, die Emir Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani mit brisanten Äußerungen zitiert hatte. Er habe die Nachbarländer kritisiert und den schiitischen Iran als Staat gelobt, der zu Stabilität in der Region beitrage.

Die Regierung in Doha bezeichnete die angeblichen Äußerungen als gefälscht und sprach von einem Hackerangriff auf die Nachrichtenagentur. Trotzdem hielten die Spannungen an. Der schiitische Iran ist ein Erzrivale von Saudi-Arabien und der anderen von Sunniten regierten Golfstaaten.

USA für Streitbeilegung

US-Außenminister Rex Tillerson rief die Golfstaaten am Montag auf, ihren Streit beizulegen. Er ermuntere die Beteiligten, sich an einen Tisch zu setzen "und die Differenzen anzusprechen", sagte Tillerson in Sydney. Offensichtlich gebe es in der Region einige Konflikte, die nun hochkochten, sagte er. Er erwarte nicht, dass der Abbruch der Beziehungen zu Katar maßgeblich Auswirkung auf den Kampf gegen den Terrorismus haben werde. Es sei wichtig, dass der Golf-Kooperationsrat "geeint bleibt". Der Organisation gehören neben Katar, Saudi-Arabien, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten auch der Oman und Kuwait an.

Das Verhältnis mehrerer Golfstaaten zu Katar ist seit langem angespannt. Bereits vor rund drei Jahren hatten Saudi-Arabien, Bahrain und die Emirate ihre Botschafter für einige Monate aus Katar abgezogen. Sie stießen sich vor allem an der Unterstützung Katars für die ägyptischen Muslimbrüder. Ägypten, Saudi-Arabien und die VAE haben die Islamisten als Terrororganisation verboten.

Und was die Fußball-WM betrifft: Die FIFA sei "in regelmäßigem Kontakt" mit dem lokalen Organisationskomitee und weiteren Stellen, die sich um Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft 2022 kümmern, teilte der Weltverband am Montag auf Anfrage mit. "Wir äußern uns darüber hinaus bis auf weiteres nicht."

(APA/dpa/Reuters/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Donald Trump bei seinem Besuch in Saudi-Arabien
Home

Lösten "Fake News" Katar-Krise aus?

Die diplomatische Krise soll auf eine russische Hacker-Attacke zurückzuführen sein. "Alles basiert auf Fehlinformationen", sagt der Außenminister von Katar.
Die Skyline von Doha, Hauptstadt Katars. Die Halbinsel ist das reichste Land der Welt.
Analyse

Die Golfstaaten gehen aufs Ganze

Mit dem Boykott Katars riskieren Riad und Verbündete einen Bumerang-Effekt. Die Halbinsel ist das reichste Land der Welt – und sucht Alternativen.
US-Präsident will bei seinem Besuch in Riad Mitte Mai bei König Salman bin Abdulaziz al-Saud die Weichen für einen Katar-Bann gestellt haben.
Home

Trumps Zick-Zack-Kurs in der Katar-Krise

Zuerst heftete sich der US-Präsident den Katar-Bann per Twitter auf die eigenen Fahnen, danach bemühgte er sich per Telefonat mit dem saudiarabischen König um Einigung.
170605 ANKARA June 5 2017 German Foreign Minister Sigmar Gabriel speaks during a joint new
Außenpolitik

Katar-Krise: Deutscher Außenminister wirft Riad "Trumpisierung" vor

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat Saudi-Arabien eine "Trumpisierung" des Konflikts mit Katar vorgeworfen - kurz vor einem Treffen mit seinem saudischen Amtskollegen.
Qatar-Airlines muss nun über das Gebiet des Iran ausfliegen. Ein Überflug über die boykottierenden Nachbarländer ist vorerst nicht möglich.
Außenpolitik

Katar: Kalter Krieg am Golf

Sechs arabische Staaten machen Front gegen das reiche Emirat Katar. Es geht um die angebliche Unterstützung Katars für militante Islamisten – und die Beziehungen zum Iran.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.