Salzburger Finanzskandal: Verzockt, verschoben, vertuscht

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und Ehefrau Jianzhen vor dem Prozess.
Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und Ehefrau Jianzhen vor dem Prozess.(c) APA/FRANZ NEUMAYR (YR)
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Monika Rathgeber, Schlüsselfigur im Salzburger Finanzskandal, bekannte sich am ersten Prozesstag für schuldig – zur Überraschung der anderen sechs Angeklagten.

Salzburg. Verzockt, verschoben, vertuscht: Mit diesen drei Worten fasste Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic am Dienstag zu Beginn seines Vortrags das Geschehen rund um die Übertragung von sechs verlustreichen Zinstauschgeschäften von der Stadt Salzburg an das Land im September 2007 zusammen.

Sieben Angeklagte – darunter Salzburgs amtierender Bürgermeister Heinz Schaden und der ehemalige Landeshauptmann-Stellvertreter Othmar Raus (beide SPÖ) sowie die schon zwei Mal verurteilte frühere Landesmitarbeiterin Monika Rathgeber – müssen sich wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue verantworten. Rathgeber sorgte am Dienstag auch für die erste Überraschung: Anders als ihre Mitangeklagten bekannte sie sich für schuldig.

Sie habe „in untergeordneter Rolle“ an der Übertragung der sechs Swaps mitgewirkt. Der Grund: Es habe eine politische Weisung dafür gegeben, meinte Rathgebers Verteidiger Thomas Payer. Eine Version, die die Anwälte von Schaden und Raus vehement dementieren.

Es habe keinerlei politische Absprachen in der Causa gegeben, erklärten sie und betonten die Unschuld ihrer Mandanten. Neben Schaden, Raus und Rathgeber sind auch der ehemalige Leiter der Finanzabteilung des Landes, Eduard Paulus, der städtische Finanzdirektor, der heutige Magistratsdirektor – damals Sekretär des Bürgermeisters – sowie ein Mitarbeiter des Budgetreferats des Landes angeklagt.

Start mit Unterbrechungen

Begonnen hatte der Prozesstag mit mehreren Unterbrechungen. Weil der Verhandlungssaal E18, in dem der Prozess unter dem Vorsitz von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer stattfindet, so klein ist, mussten zuerst die Schöffen umgesetzt werden. Sonst hätten sie der Verhandlung mit Blick in die Laptops der Verteidiger folgen können. Danach mussten alle Prozessbeteiligten dreimal den Saal verlassen, weil der Schöffensenat über Anträge zur Abberufung eines Sachverständigen beraten musste.

Mangels anderer Rückzugsräume im Ausweichquartier des Salzburger Landesgerichts, das derzeit umgebaut wird, müssen die Beratungen im Sitzungssaal stattfinden. Erst kurz vor 11 Uhr konnte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic – nach Abweisung der Anträge der Verteidigung – mit seinem Vortrag beginnen. Er versuchte, den Laienrichtern die Angst vor der komplexen Materie zu nehmen. „Es ist gar nicht so kompliziert: Die Finanzabteilung der Stadt hat sich verzockt“, schilderte Adamovic die Situation im Frühjahr 2007.

Einem Gewinn von einer Million Euro, standen Verluste von fünf Millionen Euro gegenüber. Mit Umstrukturierungen habe die Stadt die Verpflichtungen vorerst immer weiter hinausschieben können, aber dann hätte die Hausbank nicht mehr mitgemacht.

Beichte beim Bürgermeister

Die Beamten mussten zum Bürgermeister „beichten“ gehen. Dabei sei die Idee entstanden, die Verluste an das Land zu verschieben, erklärte der Oberstaatsanwalt: „Ab da wird es kriminell.“

Für Adamovic steht fest, dass es eine politische Absprache zwischen Raus und Schaden gegeben hat. Die verlustreichen Swaps seien ohne Gegenleistung an das Land übertragen worden. Oder, wie es der Ankläger auf den Punkt brachte: „Die Stadt Salzburg hat ihre Verluste an das Land verschenkt.“

Dass die Geschäfte ins Portfolio des Landes gepasst hätten – so die bisherige Argumentation der Vertreter der Stadt – ließ er nicht gelten. Niemand hätte eine Freude mit verlustreichen Papieren. Außerdem hätte das Land die Papiere jederzeit selbst kaufen können, ohne gleichzeitig die Verluste der Stadt mit zu übernehmen.

Für Adamovic steht deshalb fest: Die Organe des Landes hätten das Land geschädigt, die Organe der Stadt sich daran beteiligt. Immerhin geht es laut Anklage um 4,9 Millionen Euro.

Weil dies auch den Angeklagten bewusst war, hätten sie versucht, die wahren Motive ihres strafbaren Handelns zu vertuschen. Adamovic zitierte reihenweise aus dem E-Mail-Verkehr, in dem es um Sprachregelungen für den Deal ging. Bezeichnend sei, dass es keine schriftliche Dokumentation des Millionengeschäfts gebe. „In einem Amt muss es für jeden Kauf eines Kugelschreibers einen Aktenvermerk geben“, erklärte der Ankläger. Das belege, dass man etwas vertuschen habe wollen.

Am Mittwoch wird der für insgesamt 19 Tage anberaumte Prozess mit der Befragung der Angeklagten fortgesetzt.

AUF EINEN BLICK

Salzburger Finanzskandal. Am Dienstag hat in Salzburg der dritte Prozess im Finanzskandal begonnen. Das Untreue-Verfahren gegen sieben Beschuldigte dreht sich um einen Swap-Deal zwischen Stadt und Land Salzburg. Auf der Anklagebank sitzen unter anderen der amtierende Bürgermeister Heinz Schaden, Ex-Landeshauptmann-Vize Othmar Raus (SPÖ) (Beide SPÖ) und die bereits zweimal verurteilte frühere Beamtin des Landes Monika Rathgeber. Der Finanzskandal ist im Dezember 2012 geplatzt und hat 2013 zu vorgezogenen Landtagswahlen und einem Regierungswechsel in Salzburg geführt. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) trat zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2017)

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