Laut UNO ermorden die Islamisten in Mosul Menschen auf der Flucht – auch Kinder. Die Leichen liegen noch immer auf den Straßen.
Mosul. In der irakischen IS-Hochburg Mosul wird die Situation immer dramatischer: Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats (IS) versuchten, die Zivilisten an der Flucht aus der umkämpften Stadt zu hindern. Das sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, am Dienstag in Genf. Allein am Montag sollen 20 Zivilisten von den Extremisten erschossen worden sein, als sie das Viertel Al-Sinjili verlassen wollten. Die Zahl der Opfer könne noch größer sein, da Bewohner aus dieser Gegend Mosuls als vermisst gelten.
Irakische Streitkräfte waren zuletzt weiter in die Großstadt vorgerückt und hatten die IS-Kämpfer zurückgedrängt. Sieben Monate nach Beginn der Offensive kontrolliert die IS-Miliz vor allem noch die Altstadt und einige angrenzende Viertel. Nach UN-Angaben befinden sich noch immer bis zu 200.000 Zivilisten in den von den Jihadisten kontrollierten Vierteln, andere Quellen sprechen von bis zu 400.000 Zivilisten. Die Altstadt ist dicht bewohnt und besteht aus einem Gewirr enger Gassen, die einen raschen Vormarsch der Truppen verhindern. Bei ihrer Flucht aus Mosul sind Anfang Juni nach Angaben der UNO mindestens 163 Zivilisten getötet worden. Die Leichen von Männern, Frauen und Kindern hätten am Montag immer noch in den Straßen des Viertels Al-Shira im Westen von Mossul gelegen, sagte UN-Menschenrechtskommissar al-Hussein.
Als Schutzschild missbraucht
Die Jihadisten hatten die nordirakische Millionenstadt im Sommer 2014 eingenommen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Nach jahrelanger Vorbereitung starteten die irakischen Soldaten zusammen mit schiitischen Milizen und kurdischen Peschmerga-Kämpfern sowie mit Unterstützung der US-Luftwaffe vergangenen Oktober eine Offensive zur Rückeroberung von Mosul.
Weite Teile der Stadt sind zerstört worden. Rund 750.000 Menschen sind seither aus Mosul geflohen. Dem UN-Kinderhilfswerk Unicef zufolge sind unter den Opfern viele Kinder. Sie werden vom IS als Schutzschilde missbraucht, aber auch zur Teilnahme an den Kämpfen gezwungen. (ag)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2017)