Wer fürchtet sich noch vor Donald Trump?

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Symbolbild. (c) imago/Pacific Press Agency (Erik McGregor)
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Im Senat schlug der Versuch des Präsidenten fehl, widerwillige republikanische Senatoren für die Gesundheitsreform auf seine Seite zu ziehen. Der Druck im Weißen Haus blieb ohne Wirkung. Viele fürchten eher eine Abwahl 2018 als den Zorn Trumps.

Sarah Huckabee Sanders ereiferte sich neulich im Weißen Haus in einer minutenlangen Suada über die angebliche Affinität der US-Medien zu sogenannten „Fake News“. Daraufhin platzte just dem „Playboy“-Reporter der Kragen, und er hielt prompt ein Plädoyer für die Pressefreiheit. Auf den Bumerang-Effekt musste die Vize-Pressesprecherin des US-Präsidenten, die immer öfter den Platz von Sean Spicer einnimmt, indes ohnehin nicht lange warten.

Wie die „Washington Post“ enthüllte, ziert sich Donald Trump mit gefälschten „Time“-Titelbildern, die überall in seinen Golfklubs prangen. Das Cover des Magazins vom 1. März 2009 schmückt aber nicht Trump als Moderator der Reality-TV-Show „The Apprentice“, sondern die Schauspielerin Kate Winslet. Dass sich Trump nebenbei rühmte, es am öftesten aufs „Time“-Cover geschafft zu haben, entpuppte sich im Übrigen als Lüge. Die zweifelhafte Ehre entfällt auf Richard Nixon, der im Zuge des Watergate-Skandals ein Abonnement darauf hatte.

Die Episode verkam am Dienstagabend in Washington jedoch zur Petitesse, zu einer Nebensache angesichts der Schlappe der Trump-Regierung, die Gesundheitsreform Barack Obamas aus den Angeln zu heben. Der Präsident hatte die 52 republikanischen Senatoren ins Weiße Haus eingeladen, er hatte auf sie eingeredet und sie charmiert. Widerspenstige Geister bearbeitete er obendrein via Telefon. Auch Vizepräsident Mike Pence ließ als ehemaliger Parlamentarier seine Kontakte in den Kongress spielen.

Standhafte Verweigerung

Es half alles nichts: Mitch McConnell, der republikanische Fraktionschef im Senat und ein gewiefter Politfuchs, sah sich gezwungen, die Abstimmung über „Obamacare“ im Senat auf die Zeit nach der Sommerpause zu vertagen. Andernfalls hätte er ein Debakel riskiert.

Mehr als ein halbes Dutzend seiner Kollegen hatte sich trotz enormen Drucks standhaft geweigert, für die Vorlage der Republikaner zu stimmen. McConnell wollte sich eine Blamage ersparen, wie sie seinem Kollegen Paul Ryan, dem „Speaker“, widerfahren war.

Im Repräsentantenhaus war der Entwurf im Frühjahr erst im zweiten Anlauf durchgegangen. Beim ersten Versuch hatte Ryan als Vorsitzender die notwendige Mehrheit verfehlt, weil sich sowohl Abgeordnete des moderat-liberalen wie des rechten Tea-Party-Flügels dagegen aussprachen. Den einen ging die Reform zu weit den anderen wiederum nicht weit genug. Schließlich kam doch noch ein Kompromiss zustande.

Im Senat ist die Mehrheit mit 52 zu 48 Sitzen weitaus knapper, der Widerstand massiver und die Abgeordneten sind selbstbewusster und weniger empfänglich für Trumps Pressionen. Viele Senatoren der Grand Old Party hatten erhebliche Vorbehalte gegen den Entwurf des Repräsentantenhauses formuliert und davor gewarnt, dass Millionen US-Amerikaner aus dem Versorgungssystem fallen würden. Auch mehrere republikanische Gouverneure gemeinsame Sache mit den Demokraten und Stimmung gegen das Gesetz.

Nach einer unabhängigen Berechnung des Kongresses würden 22 Millionen US-Bürger binnen zehn Jahren ihre Versicherung verlieren. Zugleich würde der Vorschlag der Republikaner Einsparungen von mehr als 700 Milliarden Dollar einbringen. Nur 17 Prozent billigen aber den Plan der Trump-Regierung – und das werden sie rund um den 4.-Juli-Feiertag bei Paraden und Bürgerversammlungen zum Ausdruck bringen, wenn sie ihre Senatoren mit ihren Ängsten und Sorgen konfrontieren. Die Politiker treibt ohnedies eher die Angst vor einer Abwahl bei den Kongresswahlen im November 2018 um als die vor dem Zorn des Präsidenten, dessen Umfragewerte auf 35 Prozent gepurzelt sind.

Pariser Parade an der Seite Macrons

Unmittelbar nach dem US-Unabhängigkeitstag wird sich Trump auf den Weg nach Polen machen, zum Auftakt eines Europa-Besuchs aus Anlass des G20-Gipfels in Hamburg. Am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, wird dem US-Präsidenten dann eine rare Ehre zuteil. Staatschef Emmanuel Macron lud ihn ein, an seiner Seite die Militärparade auf den Pariser Champs-Elysées abzunehmen. Eine ungewöhnliche Geste für Macron, der sich bis dato als Anti-Trump gerierte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2017)

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