FMA: "Staat darf nicht durch Pleite-Bank erpressbar sein"

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Finanzmarktaufsicht und Nationalbank schlagen vor, dass sich der Staat künftig die "guten" Teile einer insolvenzgefährdeten Bank aneignet. Toxische Papiere, faule Kredite etc. sollen bei den Alteigentümern bleiben.

Gewinne privatisieren und Schulden verstaatlichen - nach diesem Motto funktionieren derzeit Bankenrettungen in Österreich. Geht es nach der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), so wird künftig das Gegenteil der Fall sein: Gerät eine Bank in ernste Schieflage, dann soll der Staat künftig nicht mehr wie jetzt gezwungen sein, zum Schutz von Kunden und Einlagen gleich die ganze Bank aufzufangen. Es könnte aufgespaltet, teilverstaatlicht, restrukturiert und teilabgewickelt werden, bevor die ganze Insolvenzmaschinerie zu laufen beginnt.

Good- statt Bad Bank für den Staat

FMA und OeNB schwebt vor, im Krisenfall beispielsweise eine so genannte staatliche "bridge bank" zu installieren. Der Staat könnte auf diese Weise aus einer Krisenbank Kunden-Einlagen, systemrelevante Verbindlichkeiten und vor allem zukunftsträchtige Geschäftsbereiche relativ schnell herauslösen und unter sein Dach nehmen. Faule Papiere und Altlasten einer solchen Krisenbank müssten - so der Wunsch der Aufseher - in einer "Bad Bank" bleiben, und diese bei den Alteigentümern. Diese Bad Bank unter Behördenverwaltung würde in der Folge wahrscheinlich nach allgemeinem Insolvenzrecht abgewickelt. 

Unwillige Aktionäre notfalls enteignen

Im Notfall würden kooperationsunwillige Altaktionäre einer solchen Problembank enteignet. Auch Ergänzungskapitalgeber würden in der "Bad Company" landen. Damit steige der Druck, schon bei der Kapitalisierung auf die Qualität des Instituts zu schauen.

Bisher ist es umgekehrt: Übernimmt der Staat Haftungen für toxische Assets von Banken, bleibt damit bei der öffentlichen Hand schon eine Art "Bad Bank" hängen.

Entlastung der Einlagensicherung

Damit würde der Einlagensicherungsfall vermieden oder zumindest sehr stark zurücktreten. Spareinlagen wären zumindest bis zum Weiterverkauf gleich beim Staat, damit also hundertprozentig abgesichert. In Österreich wird derzeit die Einlagensicherung schon im Fall der Verhängung der Geschäftsaufsicht schlagend, jedenfalls aber im Konkurs. Ab 1. Jänner gilt der Sparerschutz im Einlagensicherungsfall für 100.000 Euro je Person und Bank.

Staat darf nicht mehr erpressbar sein

"Der Staat darf nicht in diesem Maß erpressbar sein", sagte FMA-Vorstand Kurt Pribil. Für die pleitegefährdete Banken brauche es ein neues Sanierungs- und Insolvenzrecht. "Es geht nicht an, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren", befand Pribil.

Mehr Kompetenz für Aufseher

Die FMA beklagt, zu wenig Handhabe zu haben, bevor eine Bank in ernste Probleme kommt. "Wir haben da schon einiges, aber nicht genug". Bei Gefahr in Verzug kann sie schon jetzt

  • Kapital- oder Gewinnentnahmen verbieten,
  • Regierungskommissäre bestellen,
  • Geschäftsleiter abberufen oder
  • die Fortführung des Betriebs untersagen.

"Das ist dann aber schon eine sehr kritische Phase". Ist eine Bank im Stadium der voraussichtlich behebbaren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, haben die Richter das Sagen, können zur Überwachung der Geschäfte einen Aufseher einsetzen. In all diesen Phasen sei die Chance, dass eine Bank noch gesundet, aber schon sehr gering.

Die Aufsichtsbehörde will deshalb aktiv zur vorbeugenden Restrukturierung eingreifen, verlangt ein "frühes Sanierungsverfahren unter Kontrolle der Aufsicht", sobald sich die Risikolage verschärft.

Die ewige Frage der Systemrelevanz

"Systemrelevante Banken" müssen die Staaten rechtzeitig wissen lassen, was im Krisenfall an Restrukturierung oder Abspaltung machbar ist, wo "Sollbruchstellen" liegen. Denn derartige Schritte müsse man vorbereiten, solange es der Bank gut geht. Solche Rettungskonzepte (Testamente) fordern die Aufsichtsbehörden auf Initiative der G20 jetzt von allen wichtigen Banken ein.

Was in Österreich indes als "systemrelevant" gilt, wird weiterhin bewusst unklar definiert, gibt die Notenbankführung zu. OeNB-Vorstand Andreas Ittner: Systemrelevanz hängt nicht nur von der Größe des Instituts ab, sondern auch vom jeweiligen Markt. Und es gebe Phasen, in denen der Begriff weiter gefasst werde. Was heißt, dass vor einem Jahr andere Institute als systemrelevant betrachtet wurden als jetzt.

Für aktuelle Fälle zu spät

Auch ÖVP-Finanzminister Josef Pröll denke in diese Richtung, versicherten die Aufseher. Ein Zeitpunkt für ein Inkrafttreten eines solchen Gesetzes wurde nicht genannt. Für bestehende Problemfälle käme es in jedem Fall zu spät. Ein Beispiel für so einen aktuellen Fall wäre die Hypo Alpe Adria Kärnten: Diese braucht jüngsten Schätzungen zufolge an die zwei Milliarden Euro. Davon muss die Republik Österreich wohl 900 Millionen Euro beisteuern. Derzeit wird diskutiert, ob das Land Kärnten oder der Staat einen Teil der Bank übernehmen könnte. Und zwar jenen mit den faulen Krediten - eben die "Bad Bank".

(Ag./Red)

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