USA setzen Nordkoreas Schutzherren unter Druck

Raketenabschuss in Südkorea
Raketenabschuss in SüdkoreaAPA/AFP/South Korean Defence Min
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Amerikaner und Südkoreaner feuern nach Pjöngjangs Test ihrerseits Raketen ab. Damit senden sie eine letzte Warnung an Diktator Kim, aber auch an Peking. Washington erwägt Sanktionen gegen chinesische Firmen.

Tokio/Seoul. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un hat mit seinem jüngsten Test einer Langstrecken-Rakete am Dienstag die „rote Linie“ offenbar überschritten. Die USA und Südkorea reagierten nur Stunden später auf diese Provokation mit einem simulierten Gegenschlag. Bei einem kurzfristig anberaumten gemeinsamen Manöver feuerten die Alliierten vom Osten Südkoreas aus Kurzstreckenraketen ab. Zunächst ohne konkretes Ziel ins Japanische Meer – aber bewusst als „starke Botschaft der Warnung“ , wie es das Seouler Verteidigungsministerium formulierte. Die Übung solle Pjöngjang die „Fähigkeit eines Präzisionsangriffes auf die Kommandozentrale des Feindes“ deutlich signalisieren.

Das war eine militärpolitische Demonstration, wie es sie seit dem Ende des Koreakrieges nicht mehr gegeben hat. Amerika werde es niemals zulassen, dass Pjöngjang über Atomwaffen verfügt, bekräftigte US-Außenminister Rex Tillerson. Wenn es die USA mit ihren Ankündigungen ernst meinen, eine atomare Bewaffnung Nordkoreas mit allen, also auch mit militärischen Mitteln zu verhindern, ist die Kim-Krise gerade dabei, auf eine neue Stufe zu eskalieren.

Der Chef des State Department warnte damit nicht nur die Führungsclique in Pjöngjang vor unvermeidlichen Konsequenzen. Jedes Land, das nordkoreanische Arbeiter beschäftige, das Regime wirtschaftlich oder militärisch unterstütze oder es versäume, den UN-Sanktionen nachzukommen, „hilft einem gefährlichen Regime oder stiftet es sogar an“. Gemeint sind damit Russland, wo im großen Stil nordkoreanische Forstarbeiter tätig sind, und natürlich Pjöngjangs Schutzmacht China.

Doch welche Optionen stehen den Kim-Gegnern USA, Südkorea und Japan überhaupt noch zur Verfügung? Eine Variante scheidet in jedem Fall aus: Weiter palavern und nichts unternehmen. Dann wären alle Warnungen heiße Luft gewesen und Nordkorea würde sein Atom- und Raketenprogramm ungehindert durchziehen. Eine militärische Operation? Liegt angeblich auf dem Tisch, aber noch setzt die Koalition auf eine diplomatische Lösung.

Optionen gehen langsam aus

Allerdings ist der chinesisch-russische „Entspannungsvorschlag“ nach dem jüngsten Raketenmuskelspiel obsolet. Pjöngjang ist aktuell nicht bereit, als „freiwillige politische Entscheidung“ ein Moratorium seiner Atom- und Raketentests einzuleiten. Im Gegenzug haben die USA und Südkorea nun klar demonstriert, dass sie nicht auf groß angelegte gemeinsame Manöver verzichten wollen. Das aber hatten Moskau und Peking verlangt. Und angesichts der gefährlichen Lage scheidet auch die Pekinger Idee aus, Washington könne sein neues Raketenabwehrsystem in Südkorea einmotten.

Wenn jedoch jetzt nichts Entscheidendes geschieht, hat sich die Despoten-Dynastie auf ganzer Linie durchgesetzt, und Nordkorea steigt in den Rang einer unberechenbaren und in kein Bündnis eingebetteten Atommacht auf.

Will sich Präsident Trump diese Blamage ersparen, muss er jetzt zwangsläufig den Chinesen drohen. Noch verfügt Washington dafür über gute Karten. Chinesische Banken, die nordkoreanisches Geld reinwaschen, vom internationalen Zahlungsverkehr auszusperren, wäre mit Hilfe der westlichen Verbündeten möglich; und das würde Peking sehr weh tun. Ebenso denkbar ist eine globale Blockade für chinesische Firmen, die trotz aller UN-Sanktionen weiter Geschäfte mit Pjöngjang machen, vielleicht sogar Waffen und Technologie liefern.

Dagegen heizen Waffenlieferungen an Taiwan und das demonstrative Kreuzen von US-Kriegsschiffen in Gewässern des Südchinesischen Meeres, wie in den letzten Tagen geschehen, den Widerstandwillen der chinesischen Führung nur an. Und das hilft Kim Jong-un.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2017)

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