KULISSEN Gespräche

Blaue Wiener Signale in Richtung SPÖ und ÖVP

Vizebürgermeister Johann Gudenus von der FPÖ.
Vizebürgermeister Johann Gudenus von der FPÖ.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Vizebürgermeister Gudenus ehrt den Bruder von SPÖ-Minister Doskozil und angelt sich den Bürochef des schwarzen Urgesteins Tiller.


Derzeit gibt es bemerkenswerte Vorgänge in der Stadt Wien. Zumindest in Hinblick auf die Nationalratswahl im Oktober, nach der eine Regierungsbeteiligung der FPÖ so wahrscheinlich ist wie nie zuvor – nachdem das Tischtuch zwischen SPÖ und ÖVP zerschnitten ist, wie Bundeskanzler Christian Kern die Situation auf Bundesebene beschriebne hatte.

Erst am Montag zeichnete FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus im Rathaus zwei Polizisten mit dem „Goldenen Wienerherz“ aus. Die Auszeichnung, die von der FPÖ als Gegenprogramm zum „Goldenen Rathausmann“ der Stadt Wien ins Leben gerufen wurde, wird erstmals verliehen – an Klaus Doskozil und Andreas Sandriesser, die einem Passanten, der zusammengebrochen war, das Leben mit einem Defibrillator gerettet hatten.

Wem der Familienname des ersten Lebensretters bekannt vorkommt: Klaus Doskozil ist der Bruder von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Damit geht die erste Auszeichnung von Gudenus, der Heinz-Christian Straches Statthalter in Wien ist, an den Bruder des SPÖ-Verteidigungsministers und dessen Polizeikollegen, was dem Vernehmen nach kein Zufall sein soll – sondern ein Signal in Richtung SPÖ.

Dank an Bürgermeister Häupl

Diese hatte sich zuletzt in Richtung FPÖ geöffnet, womit nach dem 15. Oktober (zumindest theoretisch) eine rot-blaue Bundesregierung möglich wird. Wobei gerade Gudenus im Falle einer blauen Regierungsbeteiligung aufsteigen könnte – hatte Strache ihn doch mehrfach als „ministrabel“ bezeichnet.

Bei der Auszeichnung im Wappensaal des Rathauses meinte Gudenus, er wolle sich bei Bürgermeister Michael Häupl besonders bedanken, da nun das „Goldene Wienerherz“ neben dem „Goldenen Rathausmann“ einen würdigen Platz gefunden habe.

Wechsel von ÖVP zu FPÖ

Neben dem Signal an die SPÖ, gibt es auch eine bemerkenswerte personelle Änderung, die als Signal an die ÖVP gewertet werden könnte. Michael Benisch, Bürochef des Wiener ÖVP-Granden Adi Tiller, hat seinen Job gewechselt. Und arbeitet nun als Leiter des FPÖ-Vizebürgermeister-Büros von Gudenus.

Der Wechsel ist deshalb besonders bemerkenswert, weil Büroleiter zu den engsten Vertrauten eines Politikers uz zählen sind – koordinieren sie doch alle deren wichtigen und weniger wichtigen Termine und wissen (fast) alles, was sich in ihrem politischen Büro ereignet beziehungsweise gesprochen wird. Normalerweise werden solche Vertrauensposition ausschließlich an Mitglieder derselben Partei oder an Gesinnungsgenossen vergeben. Und hier auch nur an Personen, denen der betroffene Politiker voll vertraut.

Dass ein Vertrauter von Döblings langjährigem Bezirkschef Adi Tiller, der früher als einer der einflussreichsten ÖVP-Politiker Wiens galt, ausgerechnet von Gudenus abengagiert wurde, kann wiederum als Signal an die ÖVP gelesen werden. Wobei Tiller zur „Presse“ meint: „Der Wechsel ist mit meiner Zustimmung erfolgt, weil Benisch etwas anderes machen wollte und bei mir parteipolitisch nie gearbeitet hat.“ Nachsatz: „Wir sind weiterhin gute Freunde.“

E-Mails an: martin.stuhlpfarrer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2017)

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