Sorge um Nobelpreisträger Liu Xiaobo wächst

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Die Familie des Peking-Kritikers lehne künstliche Beatmung ab, sagt die behandelnde Klinik. Menschenrechtler warnen: Es könne sich um politisch motivierte Informationen handeln.

Die Familie des krebskranken chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo lehnt nach Angaben des behandelnden Krankenhauses eine künstliche Beatmung des 61-Jährigen ab. Liu müsse beatmet werden, um am Leben gehalten zu werden, teilte die Universitätsklinik im nordostchinesischen Shenyang am Mittwoch auf ihrer Internetseite mit.

Der Familie sei die Notwendigkeit erklärt worden, Liu einen Beatmungsschlauch in die Luftröhre zu legen. Die Familie habe dies abgelehnt.

Liu leidet an Leberkrebs und wurde deshalb aus der Haft in das Krankenhaus verlegt. Auf der Internetseite der Klinik wurden seitdem regelmäßig neue Informationen über seinen Gesundheitszustand veröffentlicht. Ebenfalls am Mittwoch hatte das Krankenhaus mitgeteilt, Lius Leberfunktion habe sich weiter verschlechtert, er leide unter einer Blutvergiftung und Organversagen.

"Nicht in innere Angelegenheiten einmischen"

Nach Einschätzung von Menschenrechtsaktivisten ist der Wahrheitsgehalt der Klinikangaben nur schwer zu überprüfen. Den Menschenrechtlern zufolge könnte es sich um politisch motivierte Informationen handeln, etwa um eine Ausreise des todkranken Friedensnobelpreisträgers zu verhindern.

Menschenrechtsaktivisten und westliche Länder wie die USA hatten die chinesische Regierung wiederholt aufgefordert, Liu eine Behandlung im Ausland zu ermöglichen. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wiederholte am Mittwoch den Standpunkt der Regierung, wonach sich andere Länder "nicht in die inneren Angelegenheiten Chinas" einmischen sollten.

Am Wochenende wurde Liu lediglich von zwei Ärzten aus Deutschland und den USA untersucht. Die beiden Spezialisten erklärten, eine Verlegung zur Weiterbehandlung im Ausland müsse so schnell wie möglich erfolgen. Das Krankenhaus erklärte den Dissidenten jedoch für nicht transportfähig.

Liu wäre zweite Nobelpreisträger, der in Haft stirbt

Angesichts des sich verschlechternden Gesundheitszustandes des chinesischen Dissidenten wächst die Sorge, er könne in der Gefangenschaft sterben. Er wäre dann der zweite Friedensnobelpreisträger, der in der Haft einer Krankheit erlag. 1938 starb der von den Nazis inhaftierte deutsche Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky in der Gefangenschaft.

Liu war 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Der Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist hatte ein Manifest mitverfasst, das demokratische Reformen in China forderte. Ein Jahr später wurde er in Abwesenheit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seine Ehefrau Liu Xia steht seit 2010 unter Hausarrest.

(APA/AFP)

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