Der deutsche Schuhhersteller bezichtigt den Onlineriesen der "modernen Piraterie" und will seine Produkte dort nicht mehr sehen. Auch andere Markenhersteller plagen sich mit Amazon.
Geht es nach Jeff Bezos, dann gibt es bei Amazon bald alles. Naja, oder zumindest fast alles. Seit Jahresbeginn müssen amerikanische Kunden des Online-Händlers etwa auf Sandalen der Marke Birkenstock verzichten. Aus Unmut über den massiven Anstieg an Fälschungen, die über Amazon vertrieben wurden, zog das deutsch Traditionsunternehmen seine Produkte aus den digitalen Regalen zurück. Amazons Antwort: Wer braucht schon Birkenstock, um Birkenstocksandalen zu verkaufen?
Das Unternehmen, das gerne der größte Gemischtwarenladen der Welt wäre, fragte stattdessen die Zwischenhändler direkt, ob nicht sie die Sandalen liefern könnten. "Das ist moderne Piraterie", schreibt David Kahan, US-Geschäftsführer von Birkenstock in einem Mail an seine Händler, berichtet die "Washington Post". Und er setzt auch gleich eine Warnung ab: "Jeder Händler, der auch nur ein Paar Birkenstock an Amazon verkauft, wird für immer geschlossen. FÜR IMMER!"
Plagiate mit Originalen vermischt
Birkenstock ist mit seinem Problem nicht alleine. Das Beispiel illustriert, welche Probleme Markenhersteller mit der wachsenden Dominanz des weltgrößten Onlinehändlers haben. Denn Amazon ist nicht nur selbst Händler, sondern auch eine (allzu) neutrale Plattform für Drittanbieter. Fast die Hälfte aller Produkte vertreibt Amazon mittlerweile über seinen Marketplace. Seit Jeff Bezos seine Plattform auch für chinesische Händler geöffnet hat, beobachten Markenhersteller einen starken Anstieg an Plagiaten, die via Amazon versandt werden. Das Unternehmen bemühe sich zu wenig, um das zu verhindern, klagen sie. Im Gegenteil: Aus Logistikgründen vermischt Amazon in seinen US-Lagern oft Originalprodukte mit angeblich identer Ware von Drittanbietern. Es ist also durchaus möglich, dass Kunden für ein Original bezahlen, aber eine Fälschung erhalten.
Das beschädigt nicht nur den Wert der Marke, die Unternehmen verlieren bei Amazon auch die Kontrolle darüber, wo ihre Produkte verkauft werden. Besseren Schutz bietet Amazon nur, wenn die Hersteller komplette Kollektionen an Amazon übergeben. Etliche Großkonzerne wie Samsung, Microsoft, Bose oder zuletzt Nike sind dieses Bündnis mit dem Onlineriesen bereits eingegangen.
Konzerne verzichten auf Amazon
Aber es gibt auch eine Gegenbewegung: Der Parfümhersteller Esteè Lauder verzichtet etwa komplett auf Amazon, auch der Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson zog vergangenes Jahr die Notbremse und nahm einige Produkte aus dem Sortiment, weil Amazon zu wenig gegen den Vertrieb von abgelaufenen oder gefälschten Kosmetikprodukten auf seiner Seite unternahm. Allzu lange hielt der Widerstand allerdings nicht. Amazon versprach Besserung und holte Johnson & Johnson wieder zurück an Bord.