Vier Milliarden via Bitcoin gewaschen? Was wir bisher über Alexander V. wissen

Alexander V. bei seiner Verhaftung
Alexander V. bei seiner VerhaftungAPA/AFP/SAKIS MITROLIDIS
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Die Verhaftung des Russen Alexander V. bringt Licht in den Kollaps der Bitcoin Börse Mt. Gox im Jahr 2013. Hat V. das von dort gestohlene Geld gewaschen? Kennt er die Hacker?

Helle Aufregung an den Märkten für Bitcoin und andere Kryptowährungen. Wieder mal. Der Grund: Amerikanische Behörden gehen massiv gegen illegale Aktivitäten vor. So wurde am gestrigen Mittwoch in Griechenland der Russe Alexander V. verhaftet. Ihm wird von der US-Polizei vorgeworfen, bis zu vier Mrd. Dollar via Bitcoin gewaschen zu haben. Er soll in die USA ausgeliefert werden. Seine Verhaftung bringt auch neues Licht in den Zusammenbruch der Bitcoin-Börse Mt. Gox im Jahr 2013.

Der 38-Jährige wurde in einem kleinen Ort an der griechischen Küste verhaftet. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass V. einer der Betreiber der Bitcoinbörse BTC-e war. Diese Börse war in der Branche seit langem bekannt, weil sie keine genaue Überprüfung der Identitäten ihrer Kunden durchführt und nicht mit den Behörden kooperiert. BTC-e ist seit mehreren Tagen offline. Laut Polizei wurden seit 2011 auf der Plattform rund vier Mrd. Dollar via Bitcoin-Handel gewaschen. Ein großer Teil dieses Geldes dürfte aus Diebstählen durch Hacks anderer Börsen gestammt haben.

Die Ermittler dürften jahrelang illegale Aktivitäten von Bitcoin-Wallets dokumentiert haben, die mit der Börse verbunden waren. Anders als oft angenommen, ist Bitcoin nicht per se anonym sondern pseudonym. Soll heißen: Wenn die Verbindung zwischen einem Individuum und einer bestimmten Wallet hergestellt werden kann, ist es durch die Blockchain auch möglich, vergangene Aktivitäten nachzuverfolgen.

Seit Tagen kein Zugriff

"Seit 2011 hat der 38-Jährige eine kriminelle Organisation betrieben, die eine der wichtigsten Websites für elektronische Verbrechen in der Welt betrieben hat", hieß es von der griechischen Polizei. V. sei ein "international gesuchter Mastermind einer kriminellen Organisation". Die US-Behörden werfen dem Russen zusätzlich vor, Hackern, Drogendealern und Betrügern behilflich gewesen zu sein.

Es besteht allerdings auch innerhalb der Branche wenig Zweifel daran, dass BTC-e seit langem in fragwürdige Aktivitäten verwickelt war. Anders als die meisten anderen Börsen hat BTC-e den anonymen Handel zwischen Krypto- und Fiatwährungen wie dem US-Dollar ermöglicht. Jene User, die ihre Gelder auf der Börse gelagert hatten, haben seit Tagen keinen Zugriff.

Besonders mysteriös ist die Verbindung des Russen mit dem Hack der im Dezember 2013 zusammengebrochenen japanischen Bitcoin-Börse Mt. Gox. Deren ehemaliger CEO Mark Karpeles steht derzeit in Japan vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, die Gelder seiner Kunden veruntreut zu haben. Karpeles beteuert aber seine Unschuld und zeigt mit dem Finger via Twitter auf den in Griechenland verhafteten Russen Alexander V.

Mark Karpeles, Ex-CEO von Mt. Gox, beteuert seine Unschuld
Mark Karpeles, Ex-CEO von Mt. Gox, beteuert seine UnschuldREUTERS

Tatsächlich dürfte es zwischen Mt. Gox und BTC-e eine Verbindung geben. So haben die Bitcoin-Sicherheitsexperten von WizSec gestern ein Dossier veröffentlicht, demzufolge V. tatsächlich Gelder von Mt. Gox gestohlen haben könnte - oder zumindest diese Gelder gewaschen haben könnte. "V. ist unser Hauptverdächtiger in Verbindung mit dem Diebstahl von Mt. Gox", schreibt WizSec.

Hack von Mt. Gox im Jahr 2011

Die Experten arbeiten seit Jahren an der Rekonstruktion der Vorkommnisse rund um Mt. Gox und dürften von V.s Festnahme selbst überrascht gewesen sein. Es ist jedoch auch möglich, dass sie den Behörden entscheidende Hinweise gegeben haben.

Die Geschichte geht zurück bis ins Jahr 2011, so WizSec. Damals wurden die privaten Schlüssel (private keys) der so genannten "hot wallet" von Mt. Gox gestohlen. "Hot wallets" sind jene Konten, die von Börsen für den aktiven Handel verwendet werden. Aus Sicherheitsgründen speichern die meisten großen Börsen einen Großteil der Kundengelder inzwischen in "cold wallets", die nicht mit dem Internet verbunden sind.

Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Bitcoins im Jahr 2011 deutlich weniger wert waren als heute. Im Juli 2010 war ein Bitcoin nur acht Cent wert. Ein Jahr später, im Sommer 2011, kam es zur ersten "Bubble". Der Preis für Bitcoin stieg auf 31 Dollar. Ende des Jahres war er wieder auf zwei Dollar gefallen. Seitdem ist Bitcoin mehrmals stark gestiegen und wieder gefallen, aber der Trend ging eindeutig nach oben. Am Donnerstag war Bitcoin mehr als 2500 Dollar wert.

Laut WizSec haben die Hacker in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt 630.000 Bitcoins gestohlen und auf Wallets überwiesen, die von V. kontrolliert wurden. Mindestens 300.000 davon wurden an BTC-e weitergeleitet und dort gewaschen. "Andere Coins wurden auf anderen Börsen deponiert. Sogar auf Mt. Gox selbst", so die Experten.

Das war offenbar V.s entscheidender Fehler, denn so konnte WizSec ihn identifizieren. V.s eigene Wallets bei Mt. Gox waren unter dem Handle "WME" registriert, ein Name, den V. auch bei anderen Gelegenheiten online eingesetzt haben soll. Unter anderem hat sich der Russe im Jahr 2012 als "WME" auf dem beliebten Forum "Bitcointalk" offenbar darüber beschwert, dass ihm von der Plattform "CryptoXchange" 100.000 Dollar gestohlen wurden. V.s Wallets sind laut WinSec auch mit anderen Diebstählen auf anderen Börsen in Verbindung zu bringen.

Geldwäscher oder Hacker?

Die Sicherheitsexperten legen aber Wert auf den Hinweis, dass die bisher zusammengetragenen Indizien den Russen bloß als mutmaßlichen Geldwäscher identifizieren - und nicht automatisch als den Hacker hinter dem Diebstahl von Mt. Gox und anderen Börsen. "Die Nachrichten von seiner Festnahme bestätigen das. Er könnte die Coins billig von den Dieben gekauft haben und angeboten haben, sie zu waschen. Er ist aber sicherlich ein wichtiges Teil des Puzzles weil er wohl wissen wird, mit wem er es zu tun hatte. Wir gehen davon aus, dass die Behörden nun die notwendigen nächsten Schritte gehen werden und hoffentlich die anderen involvierten Personen identifizieren können."

Preislich zeigte Bitcoin sich von der Festnahme und den Enthüllungen unbeeindruckt. Ein Crash ist diesmal ausgeblieben. Zumindest bisher.

>>> Offizielles Statement der US-Staatsanwaltschaft

>>> Untersuchung von WizSec

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