Tourismus-Gegner in Barcelona: „Beschädigungen genauso legitim wie Kundgebungen"

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Auch die Proteste auf Mallorca ebben nicht ab. Der Bürgermeister von Palma kritisiert das Verhalten randalierender und prügelnder Deutsche und Briten.

Die Proteste gegen den Massentourismus in Barcelona werden immer gewalttätiger. So hätten zu Wochenbeginn mehrere Aktivisten der linken Organisation Arran in der spanischen Metropole unter anderem die Reifen der vor allem bei Touristen sehr beliebten städtischen Räder zerstochen, berichteten spanische Zeitungen.

Arran-Sprecherin Laura Flores wies Kritik zurück und rechtfertigt im Interview des TV-Senders La Sexta, das Vorgehen: "Solche Aktionen sind genauso legitim wie Kundgebungen." Es ginge nicht um kriminelle Handlungen, Gewalt werde vor allem "von diesem Modell des Massentourismus erzeugt", betonte sie. Ein von der Gruppe auf Twitter gestelltes Video zeigt Szenen der Aktion. "Wir haben die Besetzung des öffentlichen Raumes durch Tourismus-Unternehmen in unserem Viertel satt!", heißt es.

Tourisministerium "gesperrt"

Erst am vergangenen Donnerstag hatten vier vermummte Mitglieder von Arran in Barcelona einen Touristenbus zum Halten gezwungen. Vor den Augen der erschrockenen Fahrzeuginsassen, darunter vieler Kinder, zerstachen die Aktivisten dann alle Reifen. Außerdem sprühten sie mit Farbdosen Parolen auf die Windschutzscheibe wie "Der Tourismus tötet die Stadtviertel".

Seit einigen Wochen häufen sich in ganz Spanien die Demonstrationen und Proteste von linken Organisationen und Bürgerinitiativen gegen die Auswüchse des Tourismus. Neben Barcelona steht vor allem die Insel Mallorca im Fokus der Aktivisten. Mitglieder der von besorgten Bürgern gebildeten Initiative "Ciutat per qui l'habita" (Die Stadt für die Bewohner) sperrten in Palma auf Mallorca symbolisch das Tourismusministerium. Sie klebten Zettel mit der Aufschrift "geschlossen" an die Eingangstür des Gebäudes. Der Initiative ist die Ferienvermietung in Mehrfamilienhäusern, die auf Portalen wie Airbnb angeboten wird , der größte Dorn im Auge. Denn als Folge davon würden die Immobilienpreise explodieren.

Daneben sorgen randalierende und prügelnde Deutsche und Briten sowie Besucher, die auch tagsüber splitternackt und stockbetrunken herumlaufen, die in der Öffentlichkeit Sex haben oder sich erleichtern, für zunehmenden Unmut. Hinzu kamen zuletzt Neonazi-Gruppen, die am Ballermann ihr Unwesen trieben. "Der Abschaum, der uns geschickt wird, ist nicht angenehm", schimpfte Palma-Bürgermeister Antoni Noguera, bevor er sich mit der deutschen Konsulin jüngst zur Besprechung des Problems traf.


Die Touristenzahlen brechen in Spanien indes weiterhin alle Rekorde. Im ersten Halbjahr reisten 36,3 Millionen Ausländer ein. So viele wie nie zuvor. 11,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Hotels sind nahezu ausgebucht. Die Arbeitslosenquote - nach der Krise von 2008 immer noch eine der höchsten der Eurozone - fiel im zweiten Quartal vor allem dank neuer Stellen im Tourismussektor auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren.

(APA/dpa)

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