Die letzten 100 Meter eines Phänomens

Bolt sagt heute in London bye bye.
Bolt sagt heute in London bye bye.(c) APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC (ANDREJ ISAKOVIC)
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Usain Bolt möchte heute Abend bei der Weltmeisterschaft in London mit Gold über 4 x 100 Meter abtreten. Der Jamaikaner, 31, wird ein großes Loch hinterlassen. IAAF-Chef Coe sagt: „Ich bin traurig, dass er geht.“

London. Noch einmal 100 Meter, die allerletzten. Keine 50 Schritte mehr, dann ist alles vorbei. Megastar Usain Bolt verabschiedet sich, der sprintende Mulimillionär wird zum Sportpensionär. Und wenn es wieder perfekt läuft für Jamaikas Staffelflitzer, dann geht heute Abend (22.50 Uhr, live in ZDF, Eurosport) eine schillernde Leichtathletik-Karriere sogar mit einem Goldlauf zu Ende. Mit seinem zwölften WM-Titel will der schnellste Mann der Welt nach dem Finale über 4 x 100 Meter abtreten. Das Drehbuch wäre perfekt.

Bolt wird seine Kumpels nicht im Stich lassen, und die Vorzeichen für eine zünftige Abschiedsparty stehen gut: Viermal in Serie, von 2009 bis 2015, haben die flotten Jungs von der Karibikinsel die kurze Sprintstaffel gewonnen. Bei allen Goldmissionen war Bolt im Finale dabei – aber nie im Vorlauf. Das wird sich nun ändern. Ein zusätzlicher Start dürfte für den 30-Jährigen kein Problem sein: Zwischen Vorlauf (12.50 Uhr, live in ZDF und Eurosport) und dem Finale liegen zehn Stunden. „Ich will das alles noch einmal genießen“, hatte Bolt nach seinem letzten 100-Meter-Rennen gesagt, in dem er Dritter wurde.

Egal, wie das Staffelrennen endet – ein emotionaler Abschied ist garantiert. Vielleicht läuft die Karriere vor seinen Augen dann noch einmal ab wie im Film, vielleicht in 9,58 Sekunden wie bei seinem fantastischen Weltrekord 2009 in Berlin, der nun schon acht Jahre hält.

Alles begann mit einer Wette

Bolt hat sich acht olympische Goldmedaillen verdient, er war elfmal Weltmeister, lief fünf Weltrekorde. Und spätestens neun Tage nach dem Staffelrennen, an seinem 31. Geburtstag, wird er seine Karriere nochmals Revue passieren lassen. Am Anfang seiner Karriere war übrigens eine Wette. Bolt war erst zwölf, er stritt sich mit seinem besten Freund Ricardo, wer wohl der beste Läufer sei. Dies hörte zufällig der Pfarrer des Ortes, Reverend Nugent machte den Burschen ein Angebot: Der Schnellste bekommt ein Mittagessen spendiert. Bolt gewann. Der Pfarrer beschwor den Sieger: „Wenn du Ricardo schlagen kannst, dann kannst du jeden schlagen.“ Er sollte recht behalten.

Schon zwei Jahre später, mit 14, bestreitet der schlaksige, aber kräftige Usain seinen ersten Wettkampf: Am 7. April 2001, bei den Highschool-Meisterschaften in Kingston: Die 200 Meter spult er in beachtlichen 22,04 Sekunden ab. 2002 gewinnt Bolt als 15-Jähriger das Rennen auf seiner späteren Lieblingsstrecke in 20,61 und kürt sich zum jüngsten Junioren-Weltmeister der Leichtathletik-Historie. Noch heute schwärmt er von diesem so emotionalen Heimsieg.

Gut 15 Jahre später ist Usain St. Leo Bolt einer der weltweit bekanntesten Menschen. Rund 4,8 Millionen Follower hat er auf Twitter, 18,8 Millionen folgen ihm auf Facebook, 7,4 Millionen bei Instagram. Nun, nach seinen letzten 100 Metern, wird er Zeit brauchen, um alles sacken zu lassen. Der Entertainer aus der Karibik muss sich umstellen, aber er kann das neue Leben genießen. Viele werden den Weltbürger und seine berühmte Siegerpose vermissen und Sebastian Coe recht geben. Der Chef des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF sagte nur: „Ich bin traurig, dass er geht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2017)

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