Leichtathletik–WM

Usain Bolt: Das Drama auf den letzten Metern

Usain Bolt am Boden der Tatsachen. Sein letztes Rennen endete vorzeitig.
Usain Bolt am Boden der Tatsachen. Sein letztes Rennen endete vorzeitig.(c) REUTERS
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Auch Bolts letztes Rennen ging in die Geschichte ein. „Eine Nacht, in der Götter fallen.“

London. Es war ein skurriles Schauspiel, das sich den 60.000 Fans am späten Samstagabend im Londoner Olympiastadion bot. Alle waren sie gekommen, um Usain Bolt noch einmal sprinten und im Optimalfall siegen zu sehen. Die Sehnsucht des Jamaikaners nach Staffelgold über 4x100 Meter, sie war groß und wurde noch größer, nachdem es eine Woche zuvor in seinem letzten Einzelrennen nur zu Bronze gereicht hatte.

Der Einmarsch der Sprintstars glich einer großen Show. Als Bolt und seine Kollegen aufgerufen wurden, herrschte ohrenbetäubender Lärm, den selbst die britische Staffel – sie gewann Gold – nicht übertönen konnte. Noch einmal waren alle Augen auf Bolt gerichtet, er hatte die Szene seit Olympia 2008 geprägt, ja dominiert. Natürlich durfte der 30-Jährige als Schlussläufer auf die Zielgerade einbiegen, er sollte Jamaikas Titelverteidigung sichern. Doch alles kam anders.

Nie zuvor hatte sein Körper Bolt bei einem Großereignis im Stich gelassen, stets war er sein Kapital gewesen – bis zu diesem denkwürdigen Abend in London. Ein Muskelkrampf im Oberschenkel stoppte Bolts Sprint etwa 50 Meter vor dem Ziel abrupt, er humpelte, schlug sogar noch einen Purzelbaum, ehe er auf Bahn fünf mit schmerzverzerrtem Gesicht zu liegen kam. Die spanische „Marca“ schrieb: „Es war ein grausamer und unvorstellbarer Abschied. Der Zusammenbruch eines Imperiums.“ Und die italienische „La Republica“ sah „eine Nacht, in der Götter fallen.“

Bolts Teamkollegen hatten sich sogleich um den Superstar geschart, versuchten ihn aufzumuntern, doch Schmerz und Enttäuschung wichen in diesen Minuten nicht mehr aus dem Gesicht des schnellsten Mannes der Welt (Weltrekord 9,58 Sekunden). Von einem öffentlichen Auftritt sah Bolt nach dem Drama auf den letzten Metern seiner Karriere ab, er gab keine Interviews, äußerte sich nur in den sozialen Medien. „Danke, Leute. Unendliche Liebe für meine Fans“, postete der Ausnahmeathlet von der Karibikinsel.

Indes mehrten sich Spekulationen, warum Bolt überhaupt einen Krampf erlitten hatte. Justin Gatlin und Yohan Blake führten die Verletzung auf das lange Prozedere vor dem Start zurück. „Sie haben uns zu lange im Call Room gehalten. Usain war wirklich kalt“, schilderte Blake.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2017)

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