Ein bei Kopenhagen angeschwemmter Torso stammt ganz klar von der Reporterin, die am 11. August bei einer U-Bootfahrt mit dem bekannten Erfinder Peter Madsen verschwand.
Kopenhagen/Stockholm. Nun steht Dänemarks U-Boote und Raketen bauendem „Daniel Düsentrieb“ das Wasser bis zum Hals. Wie soll er das alles noch erklären?
Am Mittwoch sprach die Polizei von „Durchbruch“ im Fall der abgängigen Journalistin Kim Wall: Die Schwedin (30) war in der Nacht auf 11. August an Bord des U-Boots Nautilus von Erfinder Peter Madsen und verschwand, als es vor Kopenhagen sank. Madsen wurde gerettet. Am Montag fand ein Radler an einem Strand südlich Kopenhagens einen Frauenleib ohne Kopf und Glieder, der laut Obduktion von Wall stammt. Die Körperteile wurden von Menschenhand abgetrennt, und jemand – laut Polizei wohl Madsen (46) – habe versucht, den Torso an einen schweren Metallteil gebunden zu versenken.
Körper sollte nicht auftauchen
Man fand ferner, dass durch nicht ungenannte Verletzungen (wohl Bohrungen und Schnitte) Luft und Verwesungsgas entweichen sollten, damit der Torso nicht im Wasser aufsteige. Kopf und Gliedmaßen der Journalistin, die eine Reportage über Madsen hatte machen wollen, blieben hingegen verschollen.
Dem nicht genug: Obwohl Madsen damals erst 15 war, gab die Polizei bekannt, dass sie prüfe, ob es einen Konnex zu einem auffällig ähnlichen Fall von 1986 gibt: Damals fand man einen weiblichen Torso im Hafen von Kopenhagen. Er ließ sich einer 22-jährigen japanischen Interrail-Reisenden zuordnen, mehr ergab sich nie. Man werde sich diesen Fall erneut ansehen, sagte Ermittlungsleiter Jens Møller am Mittwoch.
Für den Erfinder sieht es schlecht aus. Zu oft hat er offenbar gelogen und erstaunlich laienhaft versucht, Spuren zu beseitigen. Als Walls Freund sie am 11. August gegen zwei Uhr früh als vermisst meldet und erzählt, sie sei mit Madsen im Boot, funkt die Küstenwache es an. Erst um 10.30 Uhr antwortet Madsen, er habe Wall am Abend bei einem Lokal abgesetzt. Überwachungskameras zeigen, dass er lügt. Kurz nach dem Funkgespräch sinkt das U-Boot, laut Madsen ob eines Defekts. Wall ist unauffindbar. Nachdem die Nautilus am Folgetag aus nur sieben Meter Tiefe geborgen worden ist, meldet die Polizei, sie sei versenkt worden und man habe darin Blut von Wall entdeckt. Erst am Montag, als der Torso auftaucht, spricht die Polizei von einem Teilgeständnis: Wall sei bei einem nicht näher erklärten „Unglück“ im Boot gestorben, Madsen will sie „auf See bestattet“ haben.
Am Mittwoch sagte seine Anwältin, ihr Mandant betone, dass es ein Unglück gegeben habe. Es dürfte schwer sein, Beweise zu finden, dass es sich um Mord, nicht fahrlässige Tötung oder einen Unfall gehandelt habe, sagen Experten.
Hyperaktiv, aber nett
Madsen stammt aus einer armen Familie, sein Vater soll streng gewesen sein. Madsen gilt als genialer Erfinder. Drei U-Boote nach militärischem Design hat er seit 2001 gebaut, Nautilus (fahrbereit ab 2008/09) war mit 40 Tonnen Verdrängung (nach jüngsten Angaben 32 t) bei 18 Metern Länge das größte private U-Boot. Weil Madsen auch die Firma Copenhagen Suborbitals mitgegründet hat, die (mit mäßigem Erfolg) an Raketen für bemannte Suborbitalflüge bastelt, die in mehr als 100 Kilometer Höhe führen sollen, nannten die Dänen den beliebten Talkshowgast „Raketen-Madsen“. Er galt als durchgeknallt, aber harmlos.
Ein Halbbruder Madsens, Benny Egesø verteidigte ihn kürzlich als „hyperaktiven Technikfreak“ und netten Eigenbrötler. Er habe autistische Züge, die Gespräche, in denen es nicht um Technik gehe, erschwerten. Aber Peter sei doch „kein Psychopath“. Nun ist der Halbbruder entsetzt: „Ich verzeihe ihm das nie, das ist so krank.“
Zur Person
Kim Wall (*März 1987 in Trelleborg, Schweden) studierte in London und New York und war als freischaffende Journalistin weltweit tätig. Sie verschwand am 11. August beim Untergang des U-Boots Nautilus des Erfinders Peter Madsen vor Kopenhagen. Teile ihres Körpers wurden am Montag nahe der Stadt angeschwemmt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2017)