Ukraine sammelt wieder Geld für Gas

(c) Bilderbox (Erwin Wodicka)
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Das Land kämpft in Washington beim IWF um eingefrorene Kreditraten. Mit dem Geld dürfte Kiew seine ausstehenden Gasrechnungen bis Jahresende begleichen wollen.

Kiew. Die Ukraine ist auf Betteltour. Der Grund: Erneut ist das notorisch klamme Land nicht in der Lage, seine Gasrechnungen an Russland zu bezahlen. Angesichts leerer Staatskassen landete am gestrigen Donnerstag eine Delegation rund um den amtierenden Finanzminister Ihor Umansky in Washington, um den Internationalen Währungsfonds (IWF) daran zu erinnern, dass er die vierte Rate eines zugesicherten Kredits noch heuer auszahlen sollte. In Summe hatten die Banker dem Land im Vorjahr 16,4Mrd. US-Dollar zugesagt, um es vor dem Bankrott zu retten.

Die Auszahlung war allerdings an klare Vorgaben gebunden. So sollte der Haushalt durch Sparmaßnahmen saniert, der wichtige Gassektor transparenter gestaltet und das Finanzsystem reformiert werden.

Ukraine will Gaspreise erhöhen

Doch auf die vielen Versprechungen folgten keine Taten. Im Gegenteil. Weil im Jänner ein neuer Präsident gewählt wird, überschlugen sich die Kandidaten mit teuren Wohltaten für das Volk. Bis es dem IWF zu viel wurde und er die Auszahlung der vierten Rate auf einen Termin nach den Wahlen verschob.

Nun steht der Ukraine das Wasser offenbar bis zum Hals, und die Regierung ist zu Zugeständnissen bereit. Nach Angaben von Interfax hat sich Kiew gegenüber dem Währungsfonds dazu bereit erklärt, die hoch subventionierten Gaspreise für die Bevölkerung schrittweise zu erhöhen. Vor dieser unpopulären Maßnahme waren alle Politiker bisher zurückgeschreckt, weil ein solcher Schritt nur wenige Wochen vor den Wahlen politischem Selbstmord gleichkommen würde. Vor April, wenn der neue Präsident gewählt und der Winter vorüber ist, sollen die Preise also auch diesmal nicht anziehen. Auch der Umbau des notorisch intransparenten ukrainischen Gaslieferers Naftogaz soll frühestens im Frühjahr begonnen werden.

Kiew kann nur hoffen, die Banker in Washington damit besänftigen zu können. Denn die eingefrorene Kreditrate über 3,4Mrd. Dollar wird dringender gebraucht denn je. Das Kreditrating muss gestützt und die ausständigen Energierechnungen beglichen werden.

Sorge in Europa wächst

In Europa läuten angesichts solcher Meldungen naturgemäß die Alarmglocken, denn ein Großteil des Gases, das für den Westen bestimmt ist, strömt durch ukrainische Pipelines. Ein ähnlicher Streit um unbezahlte Rechnungen hatte im vergangenen Winter vor allem in Südosteuropa zu einem Energienotstand geführt. Wieder verlässt sich die Ukraine darauf, dass die internationale Staatengemeinschaft in die Bresche springt. Die ukrainischen Politiker setzen darauf, dass der Westen ihnen noch einmal einen Vertrauensvorschuss und damit auch die gewünschten Milliardensummen gewährt. Der stellvertretende Premierminister Grigorij Nemyrja soll nach Angaben der Agentur RIA Novosti in Washington noch einmal darauf hingewiesen haben, dass eine in den Abgrund taumelnde Ukraine nicht für die Energieversorgung des Westens ein Problem darstellen würde, sondern auch die ganze Region in eine Krise reißen könnte. Mit diesen Argumenten dürfte er wohl noch einmal Gehör finden, doch sind auch Geduld und die Kasse des Währungsfonds nicht unendlich groß.

AUF EINEN BLICK

Gegen Jahresende wird in der Ukraine das Geld noch ein wenig knapper. Am Donnerstag landete eine Delegation in Washington, um eingefrorene IWF-Gelder loszueisen. So soll das Kreditrating des Landes gestützt und fällige Rechnungen bezahlt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2009)

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