Erdöl: Förderländer tagen, Ölpreis steigt

Polizeiaufgebot vor dem Opec-Gebäude gestern in Wien.
Polizeiaufgebot vor dem Opec-Gebäude gestern in Wien.(c) REUTERS
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Die Opec und ihre wichtigsten Verbündeten sind sich vorerst uneinig, wie sie den Preis weiterhin stabilisieren werden. Dieser steigt aus mehreren Gründen vorerst ohnehin weiter an.

Wien. Mit verbindlichen Aussagen darüber, dass die Opec-Staaten und die mit ihnen seit dem Vorjahr kooperierenden Nicht-Opec-Förderländer (Opec +) ihre vereinbarten Produktionskürzungen verlängern oder ausweiten, hat gestern zwar kaum jemand gerechnet. Zumindest bis Redaktionsschluss blieben sie denn auch aus. Aber allein die Tatsache, dass das ministerielle Prüfkomitee zur Überwachung der Förderdrosslungen (JMMC) gestern in der Opec in Wien tagte und das besagte Thema im Raum stand, gab dem Ölpreis weiteren Auftrieb.

Bis zum späten Nachmittag legte der Preis für die in Europa maßgebliche Nordseesorte Brent zeitweise auf 56,86 Dollar je Barrel zu. So teuer war der Rohstoff zuletzt Ende Februar, als die Auswirkungen der im Dezember vereinbarten ersten Förderkürzungen am stärksten waren. Im Lauf des Frühjahrs fielen die Notierungen wieder ab, um nun seit Juni ein Plus von satten 27 Prozent zu schaffen.

Was wird nach dem März 2018?

Warteten die Ölminister gestern zwar mit keinen Neuigkeiten darüber auf, ob sie in den kommenden Monaten weiterhin massiv mit Kürzungen intervenieren, so signalisierte doch Nigeria, das sich ebenso wie Libyen bislang nicht zu Kürzungen verpflichtet hatte, Bereitschaft, beim Abkommen mitzumachen. „Bei der derzeit guten Marktstimmung könnte eine solche Begrenzung mit Preiszuwächsen quittiert werden“, schreibt die Commerzbank in einem Kommentar.

Die Staaten der Opec + hatten sich im November darauf verständigt, die weltweite Ölproduktion pro Tag um rund 1,8 Millionen Barrel zu senken. Die Vereinbarung läuft noch bis Ende März. Auffällig ist, dass die Staaten sich an die Förderbeschränkungen nicht nur halten, sondern sie etwa im August sogar mit 116 Prozent erfüllten. Ziel des Abkommens war es, das weltweite Überangebot an Öl einzudämmen und die Preise zu stabilisieren, die deswegen massiv unter Druck geraten waren. Mitte 2014 hatte Brent noch mehr als 100 Dollar je Fass gekostet, im Jänner 2016 war der Preis auf rund 27 Dollar eingebrochen.

Mehrere Staaten hatten zuletzt dafür plädiert, nach dem März 2018 in dieser Richtung weiterzuarbeiten. Man brauche die Frage nicht vor Jänner diskutieren, meinte hingegen gestern der russische Ölminister, Alexander Novak.

Aktuell ist der Ölpreis sogar trotz der Tatsache stabil, dass die umstrittene US-Förderung aus Schiefergestein wieder auf hohen Touren läuft. Und sie soll sogar ausgeweitet werden. So hat die US-Energiebehörde bei einer neulichen Auswertung der Quartalszahlen von 55 an der Börse gehandelten Ölfirmen einen Anstieg der Investitionsausgaben um 37 Prozent im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr festgestellt. Kommt das Öl auf den Markt, drückt es den Preis.

Die Nachfrage und die Kurden

Dass der Preis momentan zulegt und stabil ist, liegt freilich auch daran, dass die Internationale Energieagentur erst vor wenigen Tagen eine höhere Nachfrage für das Gesamtjahr 2017 prognostiziert hat. Die Commerzbank freilich verweist auf noch einen wichtigen Grund – und zwar das am Montag stattfindende kurdische Unabhängigkeitsreferendum, das auch in der ölreichen Provinz Kirkuk angesetzt ist. „Insgesamt verfügt die Region über Ölreserven von rund 45 Mrd. Barrel, mehr als Nigeria. Schätzungen zufolge werden rund 600.000 Barrel täglich hier gefördert, die überwiegend über das Nachbarland Türkei exportiert werden“, so die Analysten. „Dieses wiederum sieht das Referendum wegen der eigenen Kurden-Problematik ebenso kritisch wie die irakische Zentralregierung. Unruhen sind also nicht auszuschließen.“ (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2017)

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