Hypo Alpe Adria: Das Leben muss wohl weitergehen

Wolfgang Kulterer, Guenter Striedinger
Wolfgang Kulterer, Guenter Striedinger(c) APA (Gert Eggenberger)
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Die Rolle der Kärntner Landespolitik im Hypo-Debakel ist eingehend beleuchtet worden. Doch was ist mit den früheren Bankvorständen? Nichts, derweil. Sie verdienen gutes Geld als Investmentbanker.

Die Firma wurde am 16. September dieses Jahres in Wien gegründet. Die Agroeast GmbH beschäftigt sich mit dem Erwerb und der Veräußerung von landwirtschaftlichen Unternehmen „im In- und Ausland, insbesondere aber in Ländern des ehemaligen Ostblocks“. 15 natürliche und juristische Personen halten Anteile an der GmbH. Geschäftsführer ist ein gewisser Wolfgang Kulterer.

Woran man gut sehen kann: Das Leben geht weiter, auch für Kulterer, den ehemaligen Chef der Hypo Alpe Adria. Wobei wir uns eh nie wirklich ernsthaft Sorgen um sein Auskommen gemacht haben: Anfang 2008 ist Kulterer nach London übersiedelt, um in der Finanzmetropole als selbstständiger Investmentbanker zu arbeiten. Das war gut ein Jahr, nachdem er als Hypo-Chef zurücktreten musste.

Damals überschlugen sich die Medien richtiggehend mit hämischen Berichten: Kulterer werde bei seinem Aufbruch zu neuen Ufern nicht nur von seiner Lebensgefährtin begleitet, hieß es, auch seine vier Military-Pferde würden übersiedelt. Was der Neoinvestmentbanker empört dementierte: Allenfalls würden „zwei bis drei“ seiner Pferde mitgenommen.

Auch egal. Viel interessanter waren ja damals auch die beruflichen Pläne des in Ungnade gefallenen Bankenchefs. Die waren tatsächlich hochtrabend: Er werde fortan große britische institutionelle und private Investoren beraten, erzählte Kulterer seinerzeit. Sein Schwerpunkt liege bei der Beratung von Unternehmen, die in Kroatien, Serbien und Rumänien aktiv werden wollen. Und vor allem: In den Ländern prophezeie er einen Boom im Agrarbereich – seien es Nahrungsmittel, Biodiesel oder die Pelletsproduktion. „Es gibt Interesse von Konzernen, Produzenten und Privaten, solche Agrarflächen weiterzuentwickeln“, gab Kulterer zu Protokoll.

Da hat er nicht gemogelt, wie seine neue Agroeast GmbH zeigt. Sein Geschäftsmodell scheint ja auch bestechend zu sein: Kulterer hat dank seiner langjährigen Hypo-Tätigkeit super Kontakte in Osteuropa – und zu potenziellen Investoren natürlich auch. Die Eigentümer des Möbelhauses Kika/Leiner, Friederike und Herbert Koch, beispielsweise halten zusammen knapp zehn Prozent an der Agroeast. Da haben sich gute, alte Bekannte wiedergefunden: Koch war bis Mitte 2004 Aufsichtsratspräsident der Hypo Alpe Adria.

Koch über seine Motivation, bei der Agroeast einzusteigen: „In Rumänien, wo die Firma investiert, gibt es ein unheimliches Potenzial im agrarischen Bereich. Und Wolfgang Kulterer ist ein ausgebildeter erstklassiger Agrarfachmann.“ Was daran liegt, dass der Ex-Hypo-Chef in Kärnten eine eigene Landwirtschaft betreibt. Das hat wohl auch andere betuchte Investoren angelockt. Mit dabei ist etwa Andreas Miklautz. Dessen Name ist bereits 2005 durch die Medien gegeistert – weil er das Projekt „Lamplhof“ in Maria Wörth an die Hypo verkauft hatte. Die Bank musste das Projekt mittlerweile auf Eis legen, um ein weiteres finanzielles Debakel zu verhindern.

Ja, Wolfgang Kulterer kennt halt kraft seiner früheren Funktion Gott und die Welt. Und das kommt ihm in Zeiten wie diesen wirtschaftlich schon sehr zupass: Schon kurz nach seinem Abgang aus der Hypo im Herbst 2006 wurde er Vorstand der Privatstiftung von Milliardär Friedrich Karl Flick.


Kulterer ist also schwer beschäftigt, und wahrscheinlich hat er sich deswegen zu den dramatischen Ereignissen bei seinem „Baby“, der Hypo Alpe Adria, nur einmal geäußert. Das war diese Woche in einem ORF-Interview. Und da meinte er bloß, es sei eh klar, dass ihn an dem Debakel keine persönliche Schuld treffe. Außerdem: „Bankgeschäfte sind immer Risikogeschäfte.“ Auf Risiko hat Wolfgang Kulterer in seiner Ära als Bankchef tatsächlich immer voll gesetzt.

Da wurde wie wild expandiert: 1992, als Kulterer Chef wurde, machte die Bilanzsumme gerade einmal 1,87 Milliarden Euro aus. 2005 – da war die Bank schon mitten in ihren Troubles – waren es 24,23 Milliarden. Stutzig hat das offenbar niemanden gemacht.

Aber jetzt soll ohnehin die neue „Soko Hypo“ die Fastpleite der Landesbank unter die Lupe nehmen. Spät genug. Aber immerhin. Und da wird wohl nicht nur die unrühmliche Rolle, die die Kärntner Landespolitik im Hypo-Skandal gespielt hat, in Augenschein genommen werden. Sondern auch die des früheren Hypo-Managements – für das natürlich die Unschuldsvermutung gilt.

Dennoch steht der Vorwurf im Raum, dass die Hypo unter Kulterer quasi zur Hausbank der Balkanmafia wurde.

Obendrein sind bekanntlich viele Leasingautos und etliche Leasingjachten verschwunden. Bis dato ist Kulterer in dem ganzen Hypo-Debakel jedenfalls recht glimpflich davon gekommen: Vor rund einem Jahr ist er wegen Bilanzfälschung verurteilt worden – bei riskanten Swap-Geschäften hatte die Landesbank binnen kurzer Zeit 328 Millionen Euro Verlust erlitten, die allerdings nicht auf einmal in der Bilanz verbucht, sondern auf zehn Jahre verteilt wurden. Kulterer wurde zu 140.000 Euro Geldstrafe „verdonnert“. Damit wird er leben können.


Sein früherer Vorstandskollege Günter Striedinger, der die Hypo zeitgleich mit Kulterer verlassen musste, ist noch besser ausgestiegen: Der frühere Hypo-Finanzvorstand, der auch für den südosteuropäischen Markt verantwortlich war, bekam eine Geldstrafe wegen Bilanzfälschung in Höhe von 88.000 Euro aufgebrummt.

Vergangene Woche fand die Berufungsverhandlung statt. Dabei sah ihm das Oberlandesgericht Graz die erstinstanzliche viermonatige bedingte Haftstrafe nach. Striedinger hatte darum gebeten, damit er die Gewerbeberechtigung nicht verliert.

Die braucht er nämlich für seine „Rubicon-Invest u. Beratungs AG“, die er nach seinem Abgang aus der Hypo gegründet hat. Als „Schlüssel zum Erfolg in der Alpe Adria Region“ preist sie sich auf der Internetseite an – und Striedinger verkauft sich dort als „Alpen-Adria-Pionier mit Netzwerk“.

Da dürfte was dran sein, denn Insidern zufolge ist Striedinger „vor allem in Serbien eine ganz große Nummer“ – insbesondere bei der Veranlagung in Immobilien. Sein Geschäftsmodell dürfte jedenfalls auch Oscar Bronner überzeugt haben: Seine „Standard Medien AG“ ist zu knapp zwei Prozent an der Rubicon beteiligt.

Unter einem breiteren Kreis von Journalisten machte sich Striedinger übrigens schon im Sommer 2003 einen Namen. Da verkündete der Hypo-Finanzchef hochoffiziell: „Wir haben im Ausland keine Risken. Den Begriff gebrauche ich nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2009)

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