Kopenhagen: Ein Mini-Kompromiss in der Nachspielzeit

Obama Jiabao Kopenhagen
Obama Jiabao Kopenhagen(c) REUTERS (Larry Downing)
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Stunden nach dem geplanten Ende des Klimagipfels in Kopenhagen einigen sich alle Ländern auf eine gemeinsame politische Erklärung. Davor hat US-Präsident Obama einen Kompromiss mit den Schwellenländern erzielt.

Der Klimagipfel in Kopenhagen sollte schon Stunden zu Ende sein, die Stimmung im Bella Konferenzzentrum ist angespannt. Am späten Freitagabend dann die Nachricht über einen Durchbruch: Nach streckenweise chaotischen Verhandlungen haben sich 25 Staaten auf eine gemeinsame politische Erklärung geeinigt. Unter Beteiligung von US-Präsident Barack Obama, dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel handelten Spitzenpolitiker aus wichtigen Industrie- und Schwellenländern beim UNO-Klimagipfel ein Kompromisspapier aus, das ein unverbindliches Zwei-Grad-Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung vorsieht. Weitere Details wurden vorerst noch nicht bekannt.

Der Text sei nicht perfekt, sagte Sarkozy, aber in einigen Punkten gebe es eine Einigung: Alle Länder - inklusive China - sollen ihre Ziele für die Begrenzung klimaschädlicher Gase bis Jänner 2010 schriftlich fixieren. Auch hätten alle Teilnehmer dem Plan zugestimmt, Entwicklungsländer ab 2020 jährlich mit 100 Milliarden Dollar (69,7 Milliarden Euro) zu unterstützen. Sarkozy kündigte an, dass bei einer nächsten UNO-Klimakonferenz im Mai in Bonn neue Vereinbarungen erreicht werden sollen.

Nach der hinter verschlossenen Türen zwischen Spitzenpolitikern ausgehandelten Einigung muss das Plenum des Klimagipfels mit 192 Staaten noch zustimmen. Aus Konferenzkreisen verlautete, dass dies in Kopenhagen eine lange und schwierige Nacht bedeuten kann.

Verhaltene Reaktionen

Obama bezeichnete das Abkommen als bedeutsam, wenn es auch nicht rechtlich verbindlich sei. Es sei "noch ein weiter Weg" beim Kampf gegen den Klimawandel, vor allem müsse das Vertrauen zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern aufgebaut werden. Brown bezeichnete den Kompromiss als einen Anfang. Merkel nannte das Abkommen einen Schritt vorwärts, dem noch viele weiter folgen müssten. Es sei nicht gelungen, verbindliche Verpflichtungen für Schwellen- und Entwicklungsländer festzuzurren. "Der Weg zu einem neuen Abkommen ist noch recht weit."

Umweltschützer kritisieren die nach wie vor nicht im Detail bekannten Beschlüsse als "Fehlschlag". "Der Gegensatz zwischen der Klimarhetorik und den tatsächlichen Beschlüssen kann Millionen Menschen das Leben kosten", erklärte der Vorsitzende des internationalen Umweltverbands WWF, Kim Carstensen. Er kritisierte vor allem das weitgehende Fehlen konkreter Verpflichtungen in der von einer Gruppe von Staaten nach zähen Verhandlungen getroffenen Übereinkunft. Durch ihre Verzögerungstaktik hätten die Industriestaaten "Millionen Menschen zu Hunger, Leid und Tod verurteilt, während sich der Klimawandel beschleunigt", sagte der Vorsitzende des Umweltverbands Friends of the Earth International, Nnimmo Bassey.

Obamas Durchbruch mit den Schwellenländern

Den Weg frei gemacht hatte der erst am Abschlusstag nach Kopenhagen gereiste Obama zusammen mit dem chinesischen Premier Wen, Indiens Premierminister Manmohan Singh und dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma. Sie einigten sich nach einem Bericht des US- Senders MSNBC vor allem beim umstrittenen Thema Überprüfbarkeit von Klimaschutzmaßnahmen dieser wichtigen Schwellenländer.

Obama hatte sich zuvor offenbar auch das Einverständnis der EU-Staaten geholt, mit deren Vertretern er zusammengetroffen war. Dieses "sinnvolles Abkommen" sei zwar nicht genug, um den Klimawandel zu bekämpfen, aber ein "historischer Schritt", wurde ein US-Diplomat von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Die Entwicklungsländer gaben offenbar im Streitpunkt der Überprüfung ihrer Klimaschutzbemühungen nach und sagten zu, ihre innerstaatlichen Maßnahmen in einer Liste festzuhalten.

Medwedew schimpft auf Organisation

Davor war Obama mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, dem britischen Premier Gordon Brown, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sowie dem schwedischen Premier und EU-Ratspräsidenten Fredrik Reinfeldt und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso zusammengetroffen, um die Positionen der Industriestaaten abzustecken. Sarkozy sprach im Anschluss bereits von "Fortschritten".

Als einer der ersten Staats- und Regierungschefs ist davor der russische Präsident Dmitri Medwedew abgereist. Offiziell, um am Samstag an einem Gipfel früherer Sowjetrepubliken in Kasachstan teilnehmen zu können, doch Medwedews Berater Arkadi Dworkowitsch übte zugleich harsche Kritik an den dänischen Gastgebern des Gipfels. Es handle sich um eines der "erfolglosesten Treffen auf höchster Ebene" überhaupt, sagte der für Klimafragen zuständige Referent Medwedews. Die Organisation sei so, "dass eine Einigung gar nicht gelingen kann". "Im Grunde müssen die Führer hier selbst den Text schreiben und ihn auch noch redigieren", sagte der Medwedew-Berater.

(Ag./Red.)

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