Laptops, Tablets und Co. sind Arbeitsgeräte, die ablenken können. Für Lehrveranstaltungsleiter sind sie auch Konkurrenten im Hörsaal. Vom Kampf um die Aufmerksamkeit.
Notiz an den Lehrveranstaltungsleiter: Während die Studierenden im Hörsaal eine Übung erledigen, nicht am eigenen Rechner auf Facebook schauen. Und wenn schon, dann sollte man zumindest den Beamer abschalten. Gut, immerhin wissen jetzt alle, dass Elvira heute Geburtstag hat und zu diesem Anlass ein "Happy Birthday" mit drei Rufzeichen und einem Smiley bekommt. Aber wer ohne virtuelle Sünde ist, der werfe das erste Handy. Könnte man das, was die Studierenden während der Lehrveranstaltung auf ihren Smartphones, Tablets oder Laptops gerade tun, auf eine Videowall projizieren, wäre das wohl auch selten auf akademischem Niveau.
Die Handys deshalb vor der Lehrveranstaltung absammeln? Oder wie im Kino vorher eine Durchsage machen, dass die Smartphones abgedreht werden sollen? Wir sind ja nicht im Kindergarten. Außerdem muss es eine Lehrveranstaltung aushalten, wenn der Seminarraum auch eine Tür zur virtuellen Welt offen hat. Aber natürlich ist es bitter, wenn man weiß, dass die Aufmerksamkeit des Kollegen gerade auf einen Fußballspielbericht aus der ersten Liga gerichtet ist. Und das Lächeln der Kollegin nicht von einer geschliffenen Pointe des eigenen Vortrags hervorgerufen wurde, sondern von einem Instagram-Account.
Laptops verbieten, um die volle Aufmerksamkeit im Plenum zu haben? Auch schwierig, schließlich sind das Arbeitsgeräte. Auf ihnen wird mitgeschrieben. Mit ihnen kann recherchiert werden. Manche praktische Übung ist ohne sie gar nicht mehr möglich ("Fügen Sie im InDesign ein Bild in den Artikel ein aber verwenden Sie dabei nicht Ihren Computer!"). Und dass im Hintergrund auch getwittert wird und gelegentlich eine WhatsApp-Nachricht aufpoppt? Nun, manchmal schafft man es eben nicht, die kurzen Momente der Konzentration zwischen zwei Facebook-Postings auf sich zu ziehen.
Chat per Notizblock. Man ist als Lehrveranstaltungsleiter im dauernden Kampf um die Aufmerksamkeit der Studierenden. Aber das war doch auch schon so, als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg noch in der Sandkiste spielte. Und sogar noch früher, als Instagram-Fotos mit analogen Kameras geschossen wurden. Auf wie vielen papierenen Mitschriften wurde schon "Tic-Tac-Toe" gespielt? Wie viele Verabredungen wurden auf Kopien von Walter Benjamins "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" vereinbart? Und wie viele Chats wurden auf Notizblöcken unter dem Tisch geführt?
Am Ende zählt die Kompetenz, die Fähigkeit, die Studierenden mit dem Stoff zu begeistern. Dann bekommt man sie auch, die interessierten Blicke, die kritischen Fragen und die Lacher nach der gut gesetzten Pointe. Und wenn zwischendurch jemand einmal etwas auf Facebook postet, geht die Welt auch nicht unter. Vielleicht musste ja auch noch jemand anderer Elvira einen Happy Birthday wünschen.
Zum Autor
Erich Kocina ist stellvertretender Chronik-Chef in der "Presse" und leitet seit 2010 im Sommersemester eine Übung zu Printjournalismus am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien.
("UniLive"-Ausgabe, 27.09.2017)