Sebastian Kurz: "Keine Steuerreform auf Pump"

ÖVP-Chef Sebastian Kurz
ÖVP-Chef Sebastian Kurz(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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ÖVP-Chef Sebastian Kurz warb für seine Steuerpläne. Kürzen könnte man etwa bei der Migration ins Sozialsystem.

Wien. Es sei doch eigentlich ganz einfach, sagte ÖVP-Chef Sebastian Kurz gestern im ORF: Die SPÖ habe Tal Silberstein nach Österreich geholt, sie habe ihn bezahlt. Und er sei nach Österreich gekommen, um das zu tun, was er am besten könne: Dirty Campaigning. Dass die ÖVP für Informationen über die SPÖ-Kampagne gezahlt habe, schloss er aus. Die Informationen seien an die Öffentlichkeit gelangt – und zwar, wie Kurz insinuierte, womöglich über SPÖ-Leute, die mit dem Dirty Campaigning nicht einverstanden gewesen seien und es auffliegen ließen.

Das schmutzige Wahlkampffinale war wenig überraschend das Top-Thema in der „Pressestunde“ (siehe auch Seite 1). Inhaltlich warb Kurz für die ÖVP-Steuersenkungspläne: Experten zufolge sei das Modell ambitioniert, aber machbar, sagte Kurz. Insgesamt habe das Paket ein Volumen von zwölf bis 14 Milliarden Euro. „Und ich kann eines garantieren: Wir werden nur Dinge machen, die wir gegenfinanzieren können. Eine Steuerreform auf Pump ist nicht unser Weg.“

Die Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer würde drei bis vier Milliarden Euro kosten – das sei der größte Brocken und es sei auch das erste, was er umsetzen möchte. Er wolle die niedrigeren Steuersätze entlasten, dabei verwies er auch auf den Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind und eine Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge, die auch jenen Menschen etwas bringen würde, die so wenig verdienen, dass sie kaum Steuern zahlen. Der bis 2020 befristete höhere Spitzensteuersatz könnte verlängert werden. „Der kann durchaus so bleiben“, sagte Kurz.

Die drei Milliarden Euro, die durch eine Reduktion der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds wegfallen, sollen aus dem Budget kompensiert werden. Kürzungen bei Schülerfreifahrt oder Familienbeihilfe seien also nicht geplant – außer, wenn letztere ins Ausland fließt. Dort pochte Kurz darauf, das zu ändern. 300 Millionen Euro an Familienbeihilfe würden ins Ausland fließen. „Das ist aus meiner Sicht eine Verschwendung des Steuergelds.“

Den ÖVP-Plan, die Körperschaftssteuer für nicht entnommene Gewinne abzuschaffen, bezifferte Kurz mit einer Milliarde Euro – seine Experten kamen auf eine deutlich geringere Zahl als etwa die Industriellenvereinigung. In Estland habe sich eine solche Reform nach ein paar Jahren von selbst gerechnet, weil viel investiert worden sei. Insgesamt würde die gute Wirtschaftsentwicklung ein Drittel der Pläne finanzieren. Und jeden Tag falle ihm etwas auf, bei dem man nicht sparsam mit Steuergeld umgehe.

Kürzungspotenzial bei Migration

Bei der Forschungsförderung fließe viel Geld in die Strukturen, Einsparungen erhofft sich Kurz auch durch die Zusammenlegung der 21 Sozialversicherungsträger. Eine Möglichkeit für Kürzungen sieht er bei Migration. „Wenn wir es schaffen, die illegale Migration zu stoppen, wenn wir es schaffen, die Migration in unsere Sozialsysteme zu stoppen, geht es da um unendlich große Summen“, sagte Kurz. 2,7 Milliarden Euro pro Jahr gebe man für Mehraufwand in der Flüchtlingsbetreuung aus. Bei der Mindestsicherung sei jeder zweite Bezieher in Wien Ausländer.

Generell pochte Kurz auf einen Stopp der illegalen Migration und verwies auf Resettlement: „Das wird das Modell der Europäischen Union werden.“ Auf die Frage, was die ÖVP in diesem Bereich von der FPÖ-Position unterscheide, sagte der Außen- und Integrationsminister: Er selbst werde von vielen Menschen mit Migrationshintergrund unterstützt und sei noch nie ausländerfeindlich oder hetzerisch gewesen. (red./APA)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2017)

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