Trump zeigt sich in Südkorea von seiner friedlichen Seite

Demonstrative Freundschaft: Trump triff seinen südkoreanischen Amtskollegen Moon in Seoul.
Demonstrative Freundschaft: Trump triff seinen südkoreanischen Amtskollegen Moon in Seoul.(c) imago/Kyodo News
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Während seines Seoul-Besuches sprach sich US-Präsident Donald Trump für eine „diplomatische“ Lösung der Nordkorea-Krise aus – erstmals seit Monaten wieder. Ein versöhnliches Signal an die Bevölkerung: Denn in kaum einem anderen asiatischen Land ist Trump so verhasst wie in Südkorea.

Seoul. Blutverschmierte, weiße Fahnen wehten zum Empfang des US-Präsidenten im Zentrum von Seoul. „Trump, wir hassen dich“, und „Nein zum Krieg“, skandierten Hunderte Demonstranten, als Donald Trump am Dienstag in Südkorea eintraf. Dieser Besuch war eine besonders heikle Etappe seiner Asien-Visite: Trump ist in kaum einem anderen asiatischen Land so unbeliebt wie in Südkorea.

Drei Viertel der Bürger misstrauen laut einer Umfrage des Pew Research Center dem US-Präsidenten, der mit seiner martialischen Nordkorea-Rhetorik den fragilen Frieden auf der Halbinsel gefährde. Immerhin befindet sich Seoul nur 50 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Auch der Raketenschild Thaad, den die USA in Südkorea errichtet haben und für Spannungen mit China sorgt, ist den meisten Südkoreanern ein Dorn im Auge. Zudem hat Trump Präsident Moon Jae-in wegen dessen „weicher“ Nordkorea-Politik attackiert.

Wohl auch aus diesem Grund zeigte sich der US-Präsident gestern von seiner moderatesten Seite. Statt Kriegsdrohungen in Richtung Pjöngjang brachte er – erstmals seit Monaten wieder – Diplomatie ins Spiel: „Ich glaube wirklich, es ist sinnvoll, dass Nordkorea an den Verhandlungstisch kommt und einen guten Deal für sich herausholt“, sagte Trump nach einem Treffen mit Moon. Erst vor wenigen Wochen hatte der Staatschef seinen Außenminister verbal angegriffen, weil er sich für eine diplomatische Lösung des Nordkorea-Konflikts ausgesprochen hatte. Pjöngjang hat bisher Verhandlungen über sein Atomprogramm abgelehnt. Dazu Trump: „Ich hoffe bei Gott, dass wir nicht das amerikanische Militär gegen Pjöngjang einsetzen müssen.“ Lobende Worte fand er sogar für Peking, dessen zu lasche Nordkorea-Politik er immer wieder kritisiert hatte: Er sehe „deutliche Fortschritte“ in den Bemühungen, Pjöngjang zum Einlenken zu bewegen. China ist Nordkoreas wichtigster Handelspartner.

Trump und Moon versicherten gestern jedenfalls mehrmals, dass sie sich für ein friedliche Konfliktlösung einsetzen wollen. Stolz erklärte der US-Präsident, dass die Südkoreaner bereit seien, „Milliarden von Dollar“ für US-Waffen auszugeben. Moon lächelte dazu nur diplomatisch und sprach von „Verhandlungen“. Etwas gemäßigter als in der Vergangenheit äußerte sich Trump auch zum Freihandelsabkommen mit Südkorea: „Man solle darüber neue Gespräche führen“, sagte er versöhnlich.

Das Ziel der Seoul-Visite dürfte somit erreicht worden sein: Die beiden Präsidenten hoben demonstrativ die Stärke, Macht und Beständigkeit der amerikanisch-südkoreanischen Allianz hervor – und sendeten damit eine deutliche Botschaft an Pjöngjang; denn mit seinen Provokationen hofft Nordkorea auch, einen Keil zwischen den Alliierten zu treiben. In den letzten Monaten hatte der pragmatische Moon seine Nordkorea-Politik ohnehin revidiert. Sah der Sohn nordkoreanischer Flüchtlinge anfangs keine Alternative zu Gesprächen und Verhandlungen, setzt er heute auch auf militärische Abschreckung. Unter Südkoreanern wurde nach dem letzten Atomtest der Ruf nach einer stärkeren Selbstverteidigung lauter: 60 Prozent fordern inzwischen ein eigenes nationales Atomprogramm.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2017)

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