In Simbabwe übernimmt die Armee die Macht - und stürzt damit wohl nach 37 Jahren den greisen Herrscher Robert Mugabe und seine machthungrige Frau Grace. Die beiden stehen in Harare unter Hausarrest.
Kapstadt. Panzer rollen durch die Hauptstadt Harare, Soldaten liefern sich Feuergefechte mit der Präsidentengarde und setzen Robert Mugabe unter Hausarrest. Explosionen zerreißen die Stille. Unter diesen Vorzeichen lief in der Nacht auf Mittwoch ein Putsch der Armee gegen den greisen Präsidenten ab, der die 37-jährige Mugabe-Ära in Simbabwe mit einem Knalleffekt beendete.
Ein Armeesprecher wandte sich im Fernsehen an die Nation, nachdem Armeechef Constantino Chiwenga bereits am Montag mit einem Eingreifen gedroht hatte. Von einem Putsch wollten die Militärs indessen partout nicht reden. „Seine Exzellenz, der Präsident und seine Familie sind in Sicherheit“, betonte stattdessen Moyo bei seiner TV-Ansprache. Man habe es lediglich auf „Kriminelle“ im Dunstkreis des Präsidenten abgesehen, die im Land „soziales und ökonomisches Leid anrichten“. So dezent verlief der Staatsstreich in Simbabwe. In einem Telefonat mit Südafrikas – beinahe ebenso umstrittenen – Präsidenten Jacob Zuma bestätigte der 93-jährige Staatschef, dass er vom Militär festgehalten werde.
Bisher unblutiger Machtwechsel
In Harare steht derweil der frühere Vizepräsident Emmerson Mnangagwa, der Anfang November noch von Mugabe nach Südafrika verjagt worden war, kurz vor der Machtübernahme. Das Militär fordert einen Rücktritt Mugabes bis spätestens heute, Donnerstag, und eine Amtsübergabe an Mnangagwa. Es wäre ein weitgehend unblutiger Machtwechsel unter einem verfassungsmäßigen Anschein. Weigert sich Mugabe, den Anweisungen der Armee Folge zu leisten könnte die Situation aber eskalieren.
Mugabe weiß indessen, dass die Lage aussichtslos ist. Die Jahrzehnte, in denen er Simbabwe wie einen Selbstbedienungsbetrieb führte, sind vorbei. Die Tatsache, dass er die Opposition brutal unterdrückte und das einst florierende Simbabwe im Jahr 2008 in eine der weltweit höchsten Inflationsraten seit dem Zweiten Weltkrieg führte, konnte ihn nicht stürzen. Letztlich wurde ihm der Versuch zum Verhängnis, um jeden Preis seine Ehefrau und einstige Sekretärin Grace als seine Nachfolgerin in Stellung zu bringen.
Immer aggressiver hatte Grace Mugabe ihre Ambitionen für die Präsidentenwahl 2018 vorangetrieben. Die Verurteilung des Putschs durch die internationale Gemeinschaft blieb verhalten. Ob Simbabwe unter Mnangagwas Regentschaft besser dastehen wird, muss bezweifelt werden. Ein demokratisch nicht legitimierter Präsident, der sich an die Macht putscht, bedeutet einen Machtwechsel, aber keinen Fortschritt. Die Inflationsrate steigt wieder rasant, der Staat ist fast bankrott. Mugabe selbst muss wohl nicht um sein Leben fürchten. Die neuen Staatslenker würden das Land nur noch weiter in die Krise stürzen und Unruhen provozieren. Gerade in ländlichen Gegenden wird Mugabe noch immer als Held gefeiert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2017)