Rote und Grüne in Bayern und Kärnten wollen wechselseitig Zeugen in den jeweiligen Untersuchungs-Ausschüssen zur Hypo-Affäre laden. So soll der "kärntnerisch-bayerische Amigo-Sumpf" trockengelegt werden.
Die Sozialdemokraten und die Grünen in den Länderparlamenten von Kärnten und Bayern wollen zur Aufklärung des skandalumwitterten Kaufs der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) eng zusammenarbeiten.
Der Vorgang sei ein "Desaster sowohl für die Kärntner wie für die bayerischen Steuerzahler", sagte der Klubobmann der Kärntner Landtags-SPÖ Herwig Seiser am Montag vor Journalisten in München. "Wir sind auf der Suche nach der Wahrheit und da ist es wurscht, in welchem Landtag", sagte der Landessprecher der Grünen in Kärnten, Rolf Holub.
"Mehrstöckiger Leichenkeller"
Berichte des Landesrechnungshofs Kärnten und der Österreichischen Nationalbank (OeNB) als Bankenaufsicht hätten schon 2007 darauf hingewiesen, dass bei der Hypo ein "mehrstöckiger Leichenkeller" vorhanden gewesen sei, sagte der bayerische Grünen-Abgeordnete Eike Hallitzky.
Die OeNB habe bereits im April 2007 festgestellt, dass die HGAA am Rande der Eigenkapitalkriterien agiere und monatlich 30 bis 40 Millionen Euro an frischem Eigenkapital benötige, sagte der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr, der dem künftigen bayerischen Untersuchungsausschuss angehören wird. Es sei schlichtweg falsch, wenn die Ex-Verwaltungsräte, unter ihnen der damalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser, Ex-Wirtschafts- und Finanzminister Erwin Huber sowie der heutige CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid heute behaupteten, aus damaliger Sicht alles richtig gemacht zu haben: "Das Landesbank-Debakel ist hausgemacht".
"Kasse gemacht, um Wahlgeschenke zu finanzieren"
"Wer wissen wollte, wie es um die Hypo Alpe Adria stand, konnte es wissen", betonte auch der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete und designierte Vize-U-Ausschussvorsitzende Harald Güller. BZÖ und ÖVP in Kärnten hätten auf Kosten der bayerischen Steuerzahler "Kasse gemacht, um den Kärntner Bürgern Wahlgeschenke zu finanzieren".
Von den Erträgen des vom früheren Landeshauptmann Jörg Haider gepriesenen guten Geschäftes sei nichts mehr übrig außer dem "Zukunftsfonds", der auch schon habe angegriffen werden müssen, so SP-Klubobmann Seiser. Die noch verbliebenen Anteile des Landes Kärnten an der HGAA hätten der Republik Österreich geschenkt werden müssen.
U-Ausschuss 2007 "eine Farce"
Sowohl in Kärnten wie in München können die parlamentarischen Untersuchungsgremien Zeugen des jeweiligen Nachbarlandes zwar vorladen, diese sind jedoch nicht zum Erscheinen verpflichtet. Schon deshalb mache eine Koordination Sinn, erläuterte der designierte stellvertretende Vorsitzende des neuen bayerischen BayernLB-Untersuchungsausschusses Harald Güller (SPD).
Beide Kärntner Oppositionspolitiker bezeichneten bei den Besuchen ihrer Schwester-Fraktionen im bayerischen Landtag den früheren Hypo-Untersuchungsausschuss des Klagenfurter Landtags als "Farce" (Holub). Im neuen Untersuchungsausschuss seien derartig "massive Beeinträchtigungen" nicht mehr möglich, sagte Seiser. Eine Parallele zu dem Untersuchungsausschuss von 2007 bestehe freilich darin, dass die betroffenen Fraktionen von ÖVP und BZÖ erneut den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter stellten.
Tilo Berlin und die 47 Investoren
Bei den Sozialdemokraten in Bayern und Kärnten stehen die privaten Investoren der Finanzgruppe um den Manager und ehemaligen Hypo-Alpe-Adria-Vorstandsvorsitzenden Tilo Berlin im Vordergrund des Aufklärungsinteresses. Die aus mindestens 47 vermögenden Persönlichkeiten bestehende Investorengruppe hatte beim HGAA-Verkauf an die BayernLB rund 150 Millionen Euro Profit gemacht. Diese Investoren werde man im Verlaufe der beiden Untersuchungsausschüsse "vor den Vorhang bitten", sagte Seiser. Durch eine Zusammenarbeit mit der bayerischen SPD erhoffe man sich eine "schnellere und effektivere" Antwort auf die Frage, ob man diese Investorengruppe zum Schadenersatz heranziehen könne.
Verdacht auf Parteienfinanzierung
Von den Bemühungen, den "kärntnerisch-bayerischen Amigo-Sumpf" trocken zu legen, erwarte man auch Aufklärung, inwieweit ÖVP und BZÖ als Parteien von dem Deal profitiert hätten. Anhaltspunkte dafür sahen Holub und Seiser übereinstimmend in dem Millionen-Honorar für den Steuerberater Dietrich Birnbacher, der sowohl ehemaligen Landeshauptmann Haider wie auch ÖVP-Landeschef Josef Martinz beriet. Der Verdacht liege nahe, dass von den 6 Millionen Euro "ein Teil in Parteikassen" gelandet sei, sagte Holub, der sich im Übrigen enttäuscht über den Umgang der Justiz mit seinen diversen Strafanzeigen zeigte.
Diese von ihm in Wien erstatteten Strafanzeigen würden regelmäßig "wieder nach Kärnten geschickt, wo sie als politisch motiviert abgelegt werden".
(APA)