Bulgarische EU-Kommissarin schwer unter Beschuss

Bulgarische EU-Kommissarin schwer unter Beschuss
Bulgarische EU-Kommissarin schwer unter Beschuss(c) EPA (G. BOULOUGOURIS / EUROPEAN COMMI)
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Rumjana Jeleva gefährdet Barrosos Kommissions-Team. Die Bulgarin bleibt dem Europaparlament Aufklärung über ihre Vermögenslage schuldig und muss um ihre Nominierung zittern.

Brüssel/Sofia. Die Bestellung der Bulgarin Rumjana Jeleva zur EU-Kommissarin für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion steht auf der Kippe. Die bisherige Außenministerin konnte bei ihrer Anhörung am Dienstagabend im Entwicklungsausschuss des Europaparlaments nicht erklären, wieso sie ihre Beteiligung an einer Firma nicht deklariert hatte.

Konkret geht es um die Firma Global Consult. Sie befasst sich laut der „Financial Times Deutschland", die sich auf Akten des Verwaltungsgerichts Burgas beruft, mit der „Steuer- und Rechtsberatung von Kunden bezüglich Privatisierungen, Investitionen und Marketing". Jeleva war von 1996 bis 1998 Mitglied des Aufsichtsrates der bulgarischen Privatisierungsagentur.

Bulgarischer Schlagabtausch im Hearing

Gegenüber Kommission und Parlament hatte Jeleva angegeben, in den Jahren 2001 bis 2003 sowie 2006 und 2007 „Führungskraft bei Global Consult" gewesen zu sein. Bloß: Laut Angaben von Antoniya Parvanova, der Vize-Präsidentin der Liberalen im Parlament, war Jeleva noch bis zum 9. April 2009 Besitzerin der Firma. Und außerdem stimme es nicht, dass die Firma verkauft worden sei, sagte Parvanova während der Anhörung. „Frau Jeleva ist noch immer zu 60 Prozent Eigentümerin", fügte sie hinzu.

Zu diesem Zeitpunkt war Jeleva die Kontrolle über das Hearing bereits völlig entglitten. Hatte die 40-Jährige bis dahin noch in recht gutem Englisch und Deutsch Allgemeinplätze über Katastrophenhilfe von sich gegeben, die allerdings nicht den Eindruck großer Sachkenntnis erweckten, wechselte sie dann unter Stress in ihre Muttersprache und sagte: „Weder Frau Parvanova noch ich sind Rechtsexpertinnen. Es gibt eine Akte, wonach alles in Übereinkunft mit bulgarischem Recht ist. Ich bin nicht Eigentümerin von Global Consult. Auch nicht von der anderen Firma mit dem geänderten Namen." Der Ausschuss war nicht überzeugt. Am Mittwoch treten seine Vorsitzenden zusammen, um die Vorwürfe zu prüfen.

Interessant wird nun, wie die drei großen politischen Gruppen der Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen mit dieser Situation umgehen. Schließlich wurden die 26 Kommissarskandidaten nicht in erster Linie nach ihrer fachlichen Eignung, sondern nach einem komplizierten Raster aus politischer Zugehörigkeit, Geschlecht und Herkunft aus kleinen, großen, „alten" und „neuen" Mitgliedsländern gewählt.

Das Parlament kann zwar keine einzelnen Kandidaten ablehnen, wohl aber das gesamte Team, falls einzelne Kandidaten nicht ausgetauscht werden. Vor fünf Jahren flog auf diese Weise der Italiener Rocco Buttiglione wegen frauen- und homosexuellenfeindlicher Aussagen aus José Manuel Barrosos erstem Kommissionsteam.

Die Bulgarin Jeleva ist Kandidatin der Christdemokraten. Sollte sie abgelehnt werden, dürften sich die Christdemokraten im Gegenzug auf die liberale Schwedin Cecilia Malmström einschießen, die Kommissarin für Inneres werden soll und nächsten Dienstag als letzte angehört wird. Zudem müsste ein neuer bulgarischer Kandidat gefunden werden.

Swoboda: Eine „große Schwachstelle"

Hannes Swoboda, stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokraten, sagte nach der Anhörung zur „Presse", Jeleva sei „eine große Schwachstelle". Zum weiteren Prozedere wollte er sich nicht äußern. Der VP-Abgeordnete Paul Rübig meinte wiederum, man sei bei der Anhörung ja nicht über Jeleva zu Gericht gesessen.

Mit dem Strahleimage, das Jeleva kultiviert, ist es in Brüssel vorbei. Auf die Frage, wer ihr als Außenminister folgen solle, hatte sie einmal geantwortet, dies werde wohl ein gescheiter und schöner Mann sein, denn: „Politiker sollen klug und hübsch sein."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2010)

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