Auf David Alabas Spuren

Marco Friedl hatte bei seiner Premiere als Linksverteidiger die drittbeste Passquote aller Bayern-Spieler.
Marco Friedl hatte bei seiner Premiere als Linksverteidiger die drittbeste Passquote aller Bayern-Spieler.APA/AFP/JOHN THYS
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Marco Friedl, 19, debütierte in der Champions League für Bayern München. Gänsehaut und Lob begleiteten die starke Premiere des Tirolers, der schon in jungen Jahren dem Profi-Traum folgte.

Wien. Ausgerechnet der Ausfall von David Alaba hat dem nächsten ÖFB-Talent eine Sternstunde beschert: Marco Friedl, 19, gab beim 2:1-Sieg gegen RSC Anderlecht sein Debüt für Bayern München. Beim Abspielen der Champions-League-Hymne hatte der Tiroler Gänsehaut, als Erinnerung an den besonderen Abend behielt er sich das Trikot mit der Nummer 34. Bereits am Vorabend hatte Trainer Jupp Heynckes den Youngster über seinen Einsatz informiert. „Er hat mit mir gesprochen, ob ich mir das zutraue. Ich habe gesagt: ,Auf jeden Fall‘“, erzählte Friedl.

Friedl absolvierte als achter Österreicher nach Peter Pumm, August Starek, Harald Cerny, Andreas Herzog, Stefan Maierhofer, David Alaba und Ylli Sallahi ein Pflichtspiel für Bayern München und bot eine ansprechende Leistung: 47 seiner 53 Pässe kamen an, mit 90,5 Prozent hatte er die drittbeste Quote aller Bayern-Spieler, in der gegnerischen Hälfte (23 Pässe) sogar den Topwert. Einzig beim Gegentreffer kam der 19-Jährige den Schritt zu spät. „Hier wird jeder Fehler bestraft“, gab er sich selbstkritisch. Heynckes bewertete Friedls Auftritt dennoch als „gut“.

Alabas „kleiner Bruder“

Vor gut einem Monat hatte Heynckes bei einer Pressekonferenz den Nachnamen des jungen Österreichers noch nicht im Kopf. „Ich sage nur Marco zu ihm“, scherzte der 72-Jährige damals. Dabei ist Friedl schon fast sein halbes Leben beim Klub. 2008 trat er gemeinsam mit Alaba an der Säbener Straße an – im zarten Alter von zehn Jahren. Während der nunmehrige ÖFB-Kapitän, damals 16, ins Bayern-Internat übersiedelte, wohnte Friedl bis Herbst 2015 noch im heimatlichen Kirchbichl, schloss die Handelsschule ab und pendelte die rund 100 km zum Training. Beim ersten Treffen lud Alaba seinen jungen Landsmann zu Eistee und Playstation ein. „Er war extrem schüchtern und nervös“, erinnerte sich Alaba, der sich fortan um seinen „kleinen Bruder“ kümmerte, wie er sagte. Dass der Kleine inzwischen erwachsen geworden ist, blieb ihm nicht verborgen. „Jetzt kann er schon mal frech sein.“

Friedl durchlief bei Bayern alle Nachwuchsauswahlen, war dabei die längste Zeit Stürmer. Erst in der U17 fungierte Heiko Herrlich ihn zum Verteidiger um, der Tiroler kann sowohl auf der linken Außenposition als auch in der Zentrale agieren. 2015 spielte Friedl erstmals in der zweiten Mannschaft und überzeugte auch Cheftrainer Pep Guardiola mit seiner Dynamik und Technik. Der Startrainer ließ den jungen Österreicher im Wintertrainingslager 2016 in Doha erstmals Profi-Luft schnuppern. Zum Einstand vor den berühmten Kollegen sang Friedl „I Am from Austria“.

Mit dem Eifer von Robben

In der vergangenen Saison spielte Friedl in der U19 und Youth League, Ende Jänner diesen Jahres schien sein Name gegen Werder Bremen erstmals im Bundesligakader auf. Kurz vor seinem 19. Geburtstag im März unterzeichnete Friedl seinen ersten Profi-Vertrag und war heuer bei Amateurtrainer Hermann Gerland als Innenverteidiger gesetzt. „Da plant mich der FC Bayern ein. Ich komme mit der Position sehr gut zurecht“, sagte Friedl. Unter Carlo Ancelotti saß er schließlich regelmäßig bei den Profis auf der Bank. Für den Italiener fand er nur lobende Worte: „Er gibt mir fast nach jedem Training Tipps. Das hilft mir sehr viel weiter.“ In den gemeinsamen Einheiten mit den Weltstars versucht er zu lernen, Arjen Robben dient als Vorbild. „Er ist ein Musterbeispiel dafür, wie man trainiert und wie man Gas gibt.“

Bei Bayern musste Ancelotti Ende September gehen, Friedl blieb jedoch auch unter Nachfolger Jupp Heynckes im Fokus. Als es nun Alaba im Rücken zwickte, schlug für den U21-Teamspieler die große Stunde. Einst fieberte Friedl als Ballbub mit seinem Freund in der Allianz Arena mit, in Zukunft könnten sie gemeinsam auf dem Rasen stehen – vielleicht eines Tages auch im ÖFB-Team.

AUF EINEN BLICK

Marco Friedl, 19, absolvierte als achter Österreicher ein Pflichtspiel für Bayern München. Neben dem aktuellen Stammspieler David Alaba (278 Einsätze) liefen auch Peter Pumm (97/1968-1971), August Starek (44/1968-1970), Harald Cerny (16/1992-1994), Andreas Herzog (37/1995/96), Stefan Maierhofer (2/2006/07) und Ylli Sallahi (1/2014)..

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2017)

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