Der Alleingang von Christian Schmidt bei der Lizenzverlängerung des Unkrautvernichters sorgt für Verstimmungen mit der SPD. So etwas dürfe sich nicht wiederholen, sagt die Kanzlerin.
Noch bevor die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD angelaufen sind, hängt der Haussegen schief: Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte am Montag in Brüssel unakkordiert für die fünfjährige Verlängerung der Lizenz für den Unkrautvernichter Glyphosat gestimmt - ohne Abstimmung mit dem von der SPD-geführten Umweltministerium.
Nach heftiger Kritik des möglichen Koalitionspartners wies Kanzlerin Merkel ihr Kabinettsmitglied daher am Dienstag öffentlich zurecht. Das Abstimmungsverhalten habe nicht dem entsprochen, was in der Geschäftsordnung der Bundesregierung vereinbart worden sei, sagte Merkel. Auch für eine geschäftsführende Bundesregierung gelte wie bei früheren Entscheidungen, dass notfalls eine Enthaltung erforderlich sei.
Merkel sagte, sie habe am Dienstag mit Schmidt gesprochen. Sie erwarte, dass so etwas nicht nochmal vorkomme. "Es ist etwas, was sich nicht wiederholen darf." Ansonsten sei ein "gedeihliches, gemeinsames Arbeiten in der Bundesregierung nicht möglich." Merkel sagte, in der Sache sei sie allerdings näher bei Schmidt als bei Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Schmidt verteidigt Entscheidung
Forderungen aus der SPD, ihren Minister zu entlassen, kam Merkel allerdings nicht nach. Umweltministerin Hendricks hatte eine Amtsenthebung am Dienstag zur Sprache gebracht. Sie zeigte sich am Dienstag empört über den Alleingang: "Man kann so nicht regieren, das geht einfach nicht", sagte Hendricks und sprach von einem eklatanten Vetrauensbruch. Schon am Vortag hatte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles von einem "massiven Vertrauensbruch" innerhalb der Regierung gesprochen und die Frage aufgeworfen, ob Merkel ihre Leute noch im Griff habe. Union und SPD kommen am Donnerstag mit Steinmeier in dessen Berliner Amtssitz Schloss Bellevue zusammen, um Chancen für eine Fortsetzung der großen Koalition auszuloten.
Schmidt verteidigte in der ARD seine Entscheidung - und räumte ein, sie alleine getroffen zu haben. Ohne die Zustimmung Deutschlands hätte die EU-Kommission entschieden. "Fünf Jahre (Verlängerung) wären mindestens gekommen." So sei es wenigstens gelungen, für Deutschland wichtige Punkte durchzusetzen. Für Deutschland kündigte er an: "Wir werden den Glyphosateinsatz sehr stark reglementieren." Er räumte ein:
Gegen die Verlängerung des Glyphosat-Einsatzes hatten mehr als eine Million Menschen in einer Petition protestiert. Das massenhaft in der Landwirtschaft eingesetzte Gift tötet Wildkräuter und damit die Nahrungsgrundlage für Insekten und Vögel. Es wird maßgeblich für den Artenschwund mitverantwortlich gemacht. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die Chemikalie zudem als wahrscheinlich krebserregend ein. Andere Untersuchungen bestätigten den Verdacht allerdings nicht.
(APA/Reuters)