Neue Risken nach dem Rückzug

Die Nationalbank.
Die Nationalbank. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Banken. Dass sie in Osteuropa leisertreten, hat Österreichs Institute sicherer, aber weniger mächtig gemacht. Droht nun neuer Übermut?

Wien. Emotional lässt sich das Osteuropa-Abenteuer von Österreichs Banken in drei Phasen teilen: Euphorie, Entsetzen und Erleichterung. Letztere dominiert bis heute. Denn die Institute haben das Risiko nach der Krise in den Griff bekommen. Der Anteil notleidender Kredite sinkt kontinuierlich. Aber die Sicherheit hat ihren Preis: Sie erforderte einen Rückzug aus besonders volatilen Märkten, Verkauf von Töchtern und Kreditpaketen. Damit hat sich der Marktanteil der rot-weiß-roten Pioniere in der Region seit 2004 halbiert, von 16 auf acht Prozent. Das zeigt der aktuelle Stabilitätsbericht der Nationalbank (OeNB; siehe rechte Grafik). In die Lücke stießen lokale Player und Konkurrenten aus Westeuropa vor. Dass die Unicredit ihr Ostgeschäft seit 2016 direkt von Mailand aus steuert und nicht mehr über die Bank Austria in Wien, war hier nur der letzte Schlag.

Die heimischen Banken können damit vorerst gut leben: Ihre Gewinne steigen stark, dem Aufschwung sei Dank. Auf Basis der Daten für das erste Halbjahr dürften sie heuer deutlich über 2016 liegen (siehe linke Grafik). Dass die Institute aber schon in den beiden vergangenen Jahren schöne Ergebnisse schrieben, verdankten sie auch der Auflösung und Nutzung von früher gebildeten Puffern bei der Risikovorsorge. Damit stehe die tolle Entwicklung aber auf „fragwürdigem Boden“, mahnt OeNB-Bankenprüfer Philip Reading. Denn sie kann nicht ewig so weitergehen: Eine zusätzliche Verbesserung der Kreditqualität ist bald kaum noch möglich. Dann liegt die strukturelle Schwäche des heimischen Bankensektors wieder deutlicher bloß: seine geringe Ertragskraft. Das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag (Cost-Income-Ratio) hat sich über all die Jahre nicht verbessert und liegt im Schnitt immer noch bei 60 bis 70 Prozent. Die Fintech-Anbieter als technologische Vorreiter, aber auch straff geführte klassische Banken kommen auf unter 50 Prozent. Der Wind des Wettbewerbs pfeift immer rauer.

Aufseher auf der Bremse

Auch die dauerhaft niedrigen Zinsen drücken auf die Margen. Nicht nur auf dem Heimmarkt, der 55 Prozent zum Ergebnis beiträgt, sondern vermehrt auch im traditionell viel profitableren Ostgeschäft. Vor allem in den reifen Märkten wie Tschechien, Polen, der Slowakei und Slowenien bröckeln langsam die Kapitalrenditen.

Da ist freilich die Versuchung groß, die gute Konjunktur voll zu nutzen und über das Volumen bei der Kreditvergabe wieder einiges hereinzuholen. Die tschechischen und slowakischen Aufseher steigen wegen des rapiden Kreditwachstums schon auf die Bremse, indem sie „antizyklische Puffer“ aktivieren. OeNB-Chefökonomin Doris Ritzberger-Grünwald erinnert an die alte Weisheit, dass „notleidende Kredite im Aufschwung erzeugt werden“.

Auch hierzulande? Die Österreicher sind immer noch eher darauf bedacht, ihr persönliches Risiko abzubauen. Ihre Verschuldung ist relativ zum verfügbaren Einkommen leicht gesunken. Die schon totgesagten Fixzinskredite erleben eine kleine Renaissance und machen wieder ein Drittel des Gesamtvolumens aus (bei Privathaushalten mehr, bei Firmen weniger – siehe untere Grafik). Die Kunden möchten dauerhaft von den extrem niedrigen Zinsen profitieren; der Kostenvorteil der variablen Kredite ging zudem im Schnitt deutlich zurück: von 2,5 auf nur 0,5 Prozentpunkte.

Raus aus dem Risiko wollen die österreichischen Haushalte auch bei den Fremdwährungskrediten (die im Euroraum fast unbekannt sind): Ihr Anteil ist von 30 auf knapp über zehn Prozent gesunken. Und was die Veranlagung betrifft, bleiben die Österreicher konservativ: Sie halten am Sparbuch fest, auch wenn es bei Nullzinsen und Inflation ein Verlustgeschäft ist. Seit 2013 haben sie nur knapp elf Mrd. Euro neu in Wertpapieren veranlagt, aber netto 54 Mrd. Euro in täglich fällige Einlagen.

Sorge über Immobilienpreise

Ein skeptisches Auge werfen die Aufseher allerdings auf die Wohnbaukredite. Diese wachsen schon seit zwei Jahren kräftig, aber stabil mit vier bis fünf Prozent. Dafür verschulden sich immer mehr Haushalte relativ stark und verpfänden hohe Anteile ihrer Immobilie. Deren Wert muss aber nicht dauerhaft so hoch bleiben wie heute.

Seit 2010 sind die Preise für Wohnimmobilien um 50Prozent gestiegen, was auf eine Blase hindeuten könnte. In Deutschland machen sich die Kollegen der Bundesbank wegen des Immobilienbooms schon ernste Sorgen. Dort erfasst der Preisanstieg nun auch kleinere Städte und Gemeinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2017)

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