Chef der Gewerkschaft sieht Industrie-Wünsche erfüllt

PK OeGB ZU METALLER-KV-VERHANDLUNGEN: FOGLAR
PK OeGB ZU METALLER-KV-VERHANDLUNGEN: FOGLARAPA/HANS KLAUS TECHT
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Im Programm sieht Foglar etliche Punkte, die "fast eins zu eins Forderungsprogramm der IV sind". Auch die Arbeiterkammer zeigt sich nicht begeistert vom neuen Programm.

Der ÖGB sieht im neuen schwarz-blauen Regierungsprogramm die Wünsche der Industriellenvereinigung erfüllt. Generell enthalte der Pakt vieles, das nachteilig für die Arbeitnehmer ist und die Mitbestimmung im Betrieb schwächt, kritisierte ÖGB-Präsident Erich Foglar am Sonntag im Gespräch mit der APA. Mit Sorge erfüllt ihn, dass alle Sicherheitsagenden in Ministerverantwortlichkeit der FPÖ liegen.

"Nach der ersten Durchsicht kann man generell sagen, dass eine rechtsnationale Regierung ein rechtsnationales Regierungsprogramm macht", stellte Foglar fest. Mit Sorge und Misstrauen erfüllt ihn die Tatsache, dass der gesamte Sicherheitsbereich bei den Freiheitlichen ressortiert: "Da haben wir äußerst große Bedenken."

Im Programm sieht Foglar etliche Punkte, die "fast eins zu eins Forderungsprogramm der IV sind", nannte er etwa die Bereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit oder Pensionen. Die "enormen Wahlspenden" von Industriellen würden bereits belohnt, meinte er.

Foglar gegen Zusammenlegung der Betriebsräte

Kritisch sieht Foglar, dass die Mitbestimmung in den Betrieben unter dem Begriff Entbürokratisierung zurückgedrängt werden soll. So sei etwa schon jetzt freiwillig eine Zusammenlegung der Arbeiter- und Angestellten-Betriebsräte möglich. Der ÖGB ortet durch diese Maßnahme eine Reduzierung der Anzahl an Betriebsräten: "Wir brauchen aber mehr Mitbestimmung." Die Senkung der Lohnnebenkosten führe in weiterer Folge zu einer Leistungsreduzierung. Gegen eine Reform in den Kammern habe niemand etwas: "Aber dass die Kammern aufgefordert werden, sich selbst zu schwächen, ist ein besonderes Schmankerl. Man kann zusammenfassen: Das ist keine Reform, das ist ein Schmarrn."

Der ÖGB fürchtet auch, dass die Schwächsten etwa beim Bezug der Mindestsicherung geprüft werden, um Missbrauch zu verhindern - was notwendig sei -, gleichzeitig gebe es aber "enorme Großzügigkeit" bei Unternehmensmeldungen. Auch die Staffelung des Arbeitslosengeldes sei eine Maßnahme gegen die Menschen und entspreche einer Forderung der IV, kritisierte Foglar. Auch beim 12-Stunden-Tag zeige sich, dass es sich um ein "reines Industrieprogramm" handelt.

Positiv bewertet Foglar immerhin Vereinfachungen und Entrümpelungen in der Bürokratie. Es bleibt nun abzuwarten, was tatsächlich umgesetzt wird. "Wir lesen das als Absichtserklärung. Einige erfüllen uns mit großer Sorge", teils handle es sich um "gravierende Rückschritte": "Das ist kein Vorwärtsprogramm, das Österreich braucht." Beim Thema Digitalisierung etwa hätte sich der ÖGB mehr erwartet und bei der Bildung sei zu fürchten, dass Fortschritte rückgängig gemacht werden.

ÖGB beteiligt sich nicht an Demos

An den bereits für morgen, Montag, angekündigten Protesten gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung wird sich der ÖGB nicht beteiligen oder dazu aufrufen, auch wenn einige Gewerkschaftsbereiche daran teilnehmen.

Auch von der Arbeiterkammer (AK) kommt Kritik am neuen Regierungsprogramm. "Grundsätzlich beurteilen wir jede Regierung nach dem, was sie für die Arbeitnehmer des Landes macht", betonte AK-Präsident Rudolf Kaske im APA-Gespräch - wenn schon in den ersten Stunden Wirtschaft und Industrie applaudierten, müsse sich die Regierung in Sachen Arbeitnehmerrechte fragen, "ob das Applaus von der richtigen Seite ist".

Kaske spielte damit etwa auf die geplante Flexibilisierung der Arbeitszeiten an, wo man Nachteile für die Arbeitnehmer befürchtet. Andere Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm wollte Kaske am Sonntag noch nicht kommentieren, weil man gerade mitten in der intensiven inhaltlichen Bewertung sei. Die Arbeiterkammer will sich aber in den kommenden Tagen näher äußern.

(APA)

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