Rassistisch und gestohlen: Heftige Kritik an "Avatar"

Avatar: Kritik an (fast) allem
Avatar: Kritik an (fast) allem(c) REUTERS (HO)
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James Camerons blaues Science-Fiction-Märchen ist immens erfolgreich und umstritten: Kritiker diskutieren über Zigaretten im Film, die Naturverherrlichung und die Brustwarzen der Außerirdischen.

"Avatar" von James Cameron bricht weltweit an den Kinokassen reihenweise Rekorde und gilt als ein großer Favorit für den begehrtesten Filmpreis der Welt, den Oscar. Nach Ansicht seiner Kritiker vereint er aber so ziemlich alles Böse, das man sich vorstellen kann: Rassistisch und demagogisch sei er. Manche nennen ihn antidemokratisch und antiamerikanisch, manche demokratisch und auch proamerikanisch. Die Handlung sei geklaut, glauben einige. Als zu freizügig und frauenfeindlich wird er kritisiert. Auch verführe er Kinder zum Rauchen.

So brandneu ist die Story des Films in der Tat nicht: Ein Ex-Marine wird auf einen fernen Planeten entsandt, um das Volk der Navi zu unterwandern. Die leben auf Bäumen und lieben den Frieden und die Natur und langsam gewinnt der Soldat Respekt vor den schlumpfblauen Außerirdischen. Dass eine Frau mit im Spiel ist, ist nicht originell, lockt aber immer noch die Besucher an: Weit mehr als eine Milliarde wollten die Geschichte sehen, nach deren Muster schon Kevin Costner "Der mit dem Wolf tanzt", Disneys "Pocahontas", Tom Cruises "Der letzte Samurai" und Dutzende andere gestrickt sind.

Die erste Kritik kam von Bloggern im Internet: Ob auch jemand gesehen habe, dass bei der einen Außerirdischen einmal die Brustwarze zu sehen war, fragten sie und entfachten damit eine breite, aber leise Diskussion. Die wurde erst lauter, als einige Feministen "Avatar" als frauenfeindlich brandmarkten: Die Körper der männlichen Außerirdischen seien viel stärker und schöner gemacht als die der Frauen. Andere Feministen hingegen loben Camerons starke Frauenfiguren.

Natur und Amerika

Dem Vatikan mit seiner Kritik, dass "Avatar" leider "kein großer Film" sei, sprangen ausgerechnet radikale Protestanten in den USA bei. Der Film diffamiere Kapitalismus und Christentum und stelle die Religion von Naturvölkern über den Monotheismus, schreibt David Outten im christlich orientierten "movieguide.org".

Konservative stimmen mit ein und nennen den Film "unamerikanisch". Auf dem Nachrichtenportal "bighollywood" kann man sogar lesen, Avatar sei "große, dumpfe, Amerika hassende, politisch korrekte Fantasy". Aber selbst der renommierte Kommentator und frühere Clinton-Vertraute Joe Klein schreibt in "Time" unter der Überschrift "Zeitgeist Patrol" ("Der Zeitgeist auf Streife"), dass er die Kritik Konservativer verstehen könne: "Die Amerikaner sind durchweg die Bösen und die anderen sind ausnahmslos gut."

Von einem Russen geklaut?

Avatar Sigourney Weavers (mit Na'vi-Darstellerin Zoe Saldana) Charakter raucht
Avatar Sigourney Weavers (mit Na'vi-Darstellerin Zoe Saldana) Charakter raucht(c) EPA (ROBERT SCHLESINGER)

Anderen ist der Film dagegen viel zu amerikanisch. Ein Film, in dem sich ein bedrohtes Volk gegen die Vertreibung durch Großkonzerne wehrt, weckte im boomenden China, wo Millionen Menschen zum Beispiel für einen Staudamm umgesiedelt werden, Assoziationen. Nicht deshalb werde der Film aber aus den Kinos genommen, versichern die Zensoren, es wolle ihn einfach keiner sehen.

In Russland jedoch könnte Cameron die Verhaftung drohen. Das fordern zumindest die Kommunisten. Sie meinen, der Kanadier sei ein Dieb, da er Handlung und Figuren aus dem Roman "Die Unruhe" des sowjetischen Autors Boris Strugazki verwendet habe. Deshalb müssten die russischen Behörden einen internationalen Haftbefehl gegen Cameron erlassen. Doch dies forderten die Kommunisten auch schon vergeblich für die ukrainische Schauspielerin Olga Kurylenko, die "sozialistische Ideale" verraten habe, da sie als "Mätresse des Klassenfeindes" aufgetreten ist: als Bond-Girl.

"Was für eine beschissene Frage!"

Kritik, der Film animiere zum Rauchen, weil auf der Leinwand mit Sigourney Weaver eine der "Guten" zur Zigarette greift, klingen da fast harmlos. Cameron und sein Stab reagieren vereinzelt auf die Kritik, nennen ihren Film politisch, aber nicht unamerikanisch, zeigen ansonsten aber betont die kalte Schulter. So ganz prallt die Debatte an dem 55-Jährigen aber nicht ab. Als er bei der Vorstellung des Films in Berlin auf die Kritik angesprochen wird, raunzt er: "Was für eine beschissene Frage! Gibt es keine anderen Fragen?"

(Ag.)

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