Griechenland dankt einem Österreicher

Thomas Wieser hat zwischen Nord- und Südeuropa vermittelt.
Thomas Wieser hat zwischen Nord- und Südeuropa vermittelt.(c) Bloomberg (Krisztian Bocsi)
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Thomas Wieser hat in der griechischen Schuldenkrise zwischen Nord- und Südeuropa erfolgreich vermittelt. Zu seinem Abschied streut ihm Athen, das noch dieses Jahr finanziell auf eigenen Beinen stehen möchte, Blumen.

Athen. Seltene Aufmerksamkeit für einen österreichischen EU-Beamten gab es in den vergangenen Tagen in Griechenland: Die renommierte Tageszeitung „Kathimerini“ widmete Thomas Wieser, dem scheidenden Vorsitzenden der Eurogroup Working Group – das ist jene Gruppe, die als administrative Basis der Eurofinanzminister agiert –, eine ganze Seite. Geschildert wurde Wieser als Mann, der „als Österreicher“ bei den Industriestaaten des europäischen Nordens sowie im Süden Vertrauen genoss und oft im letzten Moment, mithilfe seines „beißenden Humors“, die Verhandlungen rettete.

Einen Tag später zitierte ihn auch Kyriakos Mitsotakis, Chef der konservativen Opposition, als er im Parlament während der Diskussion zum jüngsten Spar- und Reformpaket für die nächste Kredittranche der Gläubiger die Unfähigkeit der Regierung von Alexis Tsipras anprangerte, internationale Investoren anzulocken. Wieser habe erklärt, dass die Regierungspolitik eines der Hauptprobleme für das Fernbleiben von Investoren sei. Mitsotakis vergaß allerdings anzufügen, dass der EU-Vermittler vor allem die Rechtsunsicherheit aufgrund der viel zu langsamen Rechtsprechung in Griechenland anführte – ein Problem, das nicht erst seit Tsipras' Machtantritt im Jahr 2015 besteht.

Hintergrund des umstrittenen Gesetzespakets ist der Versuch der griechischen Führung, das Land finanziell wieder auf eigene Beine zu stellen. Die Vorlage, die am Montag im Parlament mit den Stimmen der Regierungskoalition durchgewinkt wurde, läutete das letzte Halbjahr des Landes unter dem Rettungsschirm ein. Wenn alles gut geht, sollte sich Griechenland ab Herbst wieder selbst über die Kapitalmärkte finanzieren. Die Chancen stehen momentan nicht schlecht: Bereits vergangenen Sommer konnte die Regierung eine Anleihe auf dem Kapitalmarkt aufnehmen; und die Zinsen fallen weiter. Derzeit liegen sie für zehnjährige Staatsanleihen bei niedrigen 3,7 Prozent.

Problem liegt bei Banken

Doch noch ist Griechenland nicht am Ziel. Zunächst müssen die griechischen Banken, deren Position durch den hohen Anteil uneinbringbarer Kredite in ihren Bilanzen belastet wird, einen vorgezogenen Stresstest der Europäischen Zentralbank überstehen. Dabei soll auch ein eventueller Finanzierungsbedarf festgestellt werden. Und schließlich muss die Regierung noch die vierte Prüfung des laufenden Hilfsprogramms durch die Gläubigerorganisationen erfolgreich überstehen. Wenn die Budgetzahlen nicht stimmen, droht die Vorziehung von schmerzhaften Pensionskürzungen, die für 2019 vereinbart worden sind.

Griechenlands Zentralbankchef, Giannis Stournaras, plädiert angesichts der bestehenden Unsicherheitsfaktoren für eine „vorsorgliche Kreditschiene“ nach Programmende, um für den Ernstfall sicheres Geld zur Verfügung zu haben. Die Regierung aber will einen „sauberen“ Ausstieg.

Eines jedoch ist sicher: Auch nach dem Programmende wird Griechenland einer verschärften Kontrolle durch die Gläubiger unterliegen, besonders dann, wenn man sich bis Sommer auf weitere Krediterleichterungen einigen kann, wie auch Thomas Wieser zuletzt angemerkt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2018)

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