Toyota fährt mit Vollgas in eine Qualitätskrise

(c) AP (Shizuo Kambayashi)
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Der japanische Hersteller ruft auch in Europa Autos zurück. Bereits im Herbst des Vorjahres waren in den USA 4,3 Mio. Toyota-Fahrzeuge von einer Rückrufaktion betroffen.

Wien (ag./nst.). Der japanische Hersteller Toyota hat das Image von guter Qualität für einen vernünftigen Preis. Doch nun kratzt eine veritable Pannenserie am Nimbus des erfolgsverwöhnten Autobauers. Denn wie am Donnerstag bekannt wurde, will Toyota nun auch in Europa Autos wegen technischer Probleme zurückrufen, in den USA läuft seit kurzem bereits eine Rückrufaktion. Wie viele Fahrzeuge davon betroffen sein werden, ist unklar. „Die Kollegen in Japan zählen noch“, so ein Toyota-Sprecher. Japanische Medien berichten von rund zwei Millionen Fahrzeugen, bei denen es zu einem Hängenbleiben des Gaspedals kommen könnte. Hierzulande waren im Jahr 2008 (aktuellere Daten liegen noch nicht vor) etwa 199.500 Fahrzeuge der Marke Toyota zugelassen. Noch diese Woche könnte der Hersteller darüber informieren, welche Modelle, Baureihen und Baujahre zurückgerufen werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Toyota Schwierigkeiten mit Gaspedalen hat. Anfang der Woche forderte das Unternehmen rund 1,1 Millionen Kunden in den USA dazu auf, ihre Autos zurück in die Werkstatt zu bringen, da sich das Gaspedal mit der Fußmatte verhaken könnte. Eine Woche zuvor räumte der Konzern ein, dass bei 2,3 Mio. Autos die Gaspedale in der durchgetretenen Stellung hängen bleiben könnten. Ein Problem, von dem mittlerweile auch in China produzierte Lieferwagen von Ford betroffen sind. Deren Gaspedale kommen vom gleichen Zulieferer wie bei Toyota.

In den USA hat Toyota bereits reagiert und den Verkauf von acht Modellen eingestellt. Anfang Februar werde zudem die Produktion der Fahrzeuge für etwa eine Woche ausgesetzt.

Mehr Rückrufe als Jahresabsatz

Bereits im Herbst des Vorjahres waren in den USA 4,3 Mio. Toyota-Fahrzeuge von einer Rückrufaktion betroffen. Fußmatten könnten sich im Gaspedal verhaken, hieß es damals ebenfalls. Zumindest ein schwerer Unfall soll dadurch entstanden sein. Zählt man nun die kolportierten zwei Mio. Autos in Europa hinzu, hat Toyota mit rund neun Mio. Fahrzeugen ein gravierendes Problem. Die Anzahl der zurückgerufenen Fahrzeuge übersteigt sogar den Jahresabsatz des Herstellers. Zum Verhängnis wird Toyota dabei, dass für die Produktion der Autos oft die gleichen Komponenten verwendet werden. In Summe ist dies zwar billiger, treten jedoch Probleme auf, ist gleich eine Vielzahl von Fahrzeugen betroffen.

Doch auch abseits der jüngsten Rückrufaktionen war das vergangene Jahr für Toyota schwierig. Am Heimatmarkt gab es schleppende Verkäufe. Erstmals mussten die Japaner auch ein großes Werk stilllegen. Und als ob das nicht genug wäre, musste der Autobauer erstmals in der Firmengeschichte einen Jahresverlust ausweisen.

Die aktuellen Qualitätsprobleme treffen Toyota umso mehr, als dass sich die Japaner in diesem Bereich in den vergangenen Jahren ein besonders gutes Image aufgebaut haben. Nun blättert bei einer der wertvollsten Marken der Welt sukzessive der Lack ab. Vor kurzem hat auch noch die Ratingagentur Fitch den mit A+ bewerteten Konzern auf seine Beobachtungsliste gesetzt, weil sie eine Herabstufung nicht ausschließt. Und auch der Aktienkurs leidet erheblich. Seit vergangener Woche haben die Toyota-Papiere 15 Prozent ihres Werts verloren.

Auf einen Blick

Toyota will Fahrzeuge in Europa zurückrufen. Welche Modelle und wie viele Autos betroffen sind, ist unklar. Der Hersteller will die betroffenen Kunden demnächst über die Details des Rückrufs informieren. In Österreich sind rund 199.500 Toyota zugelassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2010)

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