Wohnimmobilien: Die Peripherie rückt ins Zentrum

Für 2018 prognostizieren Experten eine hohe Nachfrage nach Mietobjekten, kleineren Wohneinheiten und Lagen in Ballungsräumen sowie Umland mit guter Infrastruktur.

Was tut sich beim Wohnen? Die Immobilienplattform willhaben.at identifiziert mit einer Marktanalyse vor allem leistbares Wohnen als dominierendes Thema. Anhaltende Preiszuwächse bei Eigentum spielt Mieten in die Hände, allerdings erwarten die Experten auch eine weitere Aufwärtsentwicklung bei Mietpreisen. „Die verstärkte Suche nach Mietwohnungen ist gemäß unserer Marktforschungsergebnisse ein bundesweiter Trend“, sagt Judith Kössner, Leiterin des Immobilienbereichs von willhaben.at. „In der Steiermark, Salzburg und Oberösterreich ist die Suche nach Eigentumswohnungen von 2016 auf 2017 stärker geworden, in Wien geht es genau in die umgekehrte Richtung.“ In der Bundeshauptstadt zeigt die Bauoffensive Wirkung. Nachfrage und Angebot gleichen sich allmählich an.

Der Wunsch nach leistbarem Wohnen hat auch Einfluss auf die Gestaltung von Wohnprojekten. Gefragt sind mehr Zimmer auf kleinerem Raum. „Der Kauf kleinerer Wohneinheiten ist für viele der beste Weg, dem steigenden Quadratmeterpreis zu begegnen“, sagt Alexander Wlasto, Partner und Sector Leader Real Estate bei EY Österreich.

Auch dem Thema „Sharing“ kommt eine verstärkte Bedeutung zu. „Das Bewohnen einer Wohngemeinschaft, also gleichzeitiges Sharing, ist nicht neu, wird aber aufgrund steigender Immobilienpreise immer attraktiver und häufiger“, so Kössner. „Das merken wir auch bei uns auf der Plattform. Diese WG-Entwicklung kann in Zukunft nicht nur für Studenten, sondern verstärkt auch für ältere Personen ein größeres Thema werden. Generell wird auch die Kurzzeitmiete selbstverständlicher, vergleichbar mit Carsharingmodellen.“ Hier bleibe abzuwarten, ob sich die Gesetzessituation rund um Kurzzeitmieten in absehbarer Zeit verändern werde. Inwiefern die neue Bundesregierung für bestimmte Zielgruppen Wohnen leistbarer machen wird, sei laut der Expertin bei willhaben noch nicht abzuschätzen. Es stehen zwar viele Themen im Raum, konkrete Gesetze, Maßnahmen oder Novellen wurden noch nicht beschlossen oder umgesetzt.

Als Immobilienstandort – vor allem für Wohnimmobilien – wird Österreich laut „Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt“ der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY immer attraktiver – bei inländischen und ausländischen Investoren. „Vor allem in den Ballungszentren ist die Nachfrage nach Wohnraum extrem hoch“, sagt Claudia Brey von EY Österreich. Diese Entwicklung treibt die Kaufpreise in die Höhe. „Neben Innenstadtlagen steigen auch die Preise in mittleren und peripheren Lagen, wenn eine gute Infrastruktur gegeben ist“, so Brey. Denn das sei ein weiterer Trend: „Standortattraktivität ergibt sich nicht aus der puren Entfernung zum Stadtkern, sondern ist eine Frage der Infrastruktur und der Anbindung an die Stadt.“ So sei etwa St. Pölten mittlerweile schneller erreichbar als manche Teile von Wien.

Verglichen mit anderen westeuropäischen Metropolen sind Österreichs Topstädte in Relation gesehen noch immer günstiger und ziehen auch internationale Anleger an. „Dazu kommt, dass das politische Umfeld in Österreich als stabil eingeschätzt wird, die Marktschwankungen gering sind und die Niedrigzinsphase anhält“, erklärt Wlasto. Merklich rücken Wohnimmobilien für ausländische Investoren stärker in den Mittelpunkt – „vor allem das Ballungszentrum Wien“.

Trend 1

Trend 2

Trend 3

Was zu beobachten ist bei . . . . . . Wohnimmobilien

Urbanität und smarte Peripherie. Sowohl Wohnungssuchende als auch Wohnimmobilieninvestoren bevorzugen die Ballungsräume, weichen aber auch auf die nahe Peripherie aus, wenn diese gut erschlossen und ein nahes Ballungszentrum gut erreichbar ist. Vor allem die öffentliche Anbindung wird immer wichtiger, Immobilien an Knotenpunkten sind besonders begehrt.

Kleine und smarte Grundrisse. Teure Quadratmeterpreise halten die Wohnungsgrößen weiterhin überschaubar, mehr Zimmer auf weniger Raum sind derzeit gefragt. Allerdings wird vermehrt auf smarte, durchdachte Grundrisse – auch mit Allgemeinflächen – und Nutzungsmöglichkeiten gesetzt, um die wenigen Quadratmeter bestmöglich nutzen zu können.

Sharing und Kurzzeitwohnen. Teure Wohnungen und wenig Platz animieren die Bewohner zu mehr Flexibilität. Generell wird die Kurzzeitmiete, also nicht gleichzeitiges Sharing fremden Eigentums, immer selbstverständlicher, vergleichbar mit Carsharingmodellen. Das Konzept der Wohngemeinschaft wird in Zukunft noch öfter genutzt werden – auch bei Älteren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2018)

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