Die AfD stößt sich an satirischen Kommentaren, des aus türkischer Haft entlassenen Journalisten, in denen er das "Deutschensterben" bejubelt. Ex-Grünen-Chef Özdemir holt zum Gegenschlag aus.
Wie weit darf Satire gehen? Diese Frage stand im Kern eines heftigen Schlagabtauschs zwischen der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland und den anderen Parteien im deutschen Bundestag. Die AfD sei "aus demselben faulen Holz geschnitzt" wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der Journalisten verhaften lasse, warf der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir der Partei in einer hitzigen Rede am Donnerstag vor.
Zugleich rückte er in seinem Auftritt die AfD indirekt in die Nähe der Nationalsozialisten. "In unserem Land, in der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen, bei uns gibt es Pressefreiheit." Er empfahl den AfD-Abgeordneten, sich an das Ausstiegstelefon für Neonazis zu wenden.
"Wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie zugeben, dass Sie dieses Land verachten", rief der Grünen-Abgeordnete, der immer wieder von starkem Beifall, aber auch Zwischenrufen aus der AfD unterbrochen wurde. "Sie verachten alles, wofür dieses Land in der ganzen Welt geachtet wird und respektiert wird", sagte Özdemir. Dazu gehöre die Erinnerungskultur ebenso wie die Vielfalt des Landes, dazu gehörten Bayern und Schwaben, aber auch Menschen mit Vorfahren aus Russland oder Anatolien, die stolz darauf seien, Bürger dieses Landes zu sein.
Bundestag lehnt AfD-Forderung ab
Konkret ging es bei der Debatte um den vergangene Woche aus türkischer Haft entlassenen deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel und zwei "taz"-Kolumenten aus den Jahren 2011 und 2012. Darin hatte Yücel dem umstrittenen Autor Thilo Sarrazin einen Schlaganfall gewünscht und den Geburtenrückgang in Deutschland als Beitrag zum "Deutschensterben" bejubelt. Die AfD hatte daher beantragt, Yücel öffentlich zu maßregeln.
Doch der Bundestag lehnte die AfD-Forderung mit großer Mehrheit ab. Mehrere Redner der anderen Fraktionen ließen zwar Kritik an dem Text Yücels anklingen, wiesen aber darauf hin, dass es sich offensichtlich um satirische Texte gehandelt habe.
AfD-Redner wollten das als Argument aber nicht gelten lassen. Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio nannte Yücel einen "Hassprediger" und betonte: "Das Hohelied, das auf Herrn Yücel angestimmt wird, kann den Missklang seiner Äußerungen nicht übertönen."
"Fake News", Yücel als" deutschen Journalisten zu bezeichnen"
Die AfD hatte die Debatte bereits kurz nach der Freilassung Yücels entfacht. Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, hatte Yücel in einem Facebook-Eintrag einen "antideutschen Hassprediger" genannt. Yücel als "deutschen Journalisten" zu bezeichnen, seien "zwei Fakenews in einem Satz".
Zuvor hatte der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen erklärt, er hoffe, dass Yücel die Zeit im Gefängnis zur Besinnung genutzt habe, um solche "menschenfeindlichen, zynischen Sprüche, wie er sie in der Vergangenheit häufiger getätigt hat, nicht mehr zu bringen."
(APA/dpa)