Bernd Eichinger: Der Bushido-Film ist ein "Popmärchen"

Szene aus ''Zeiten ändern dich''
Szene aus ''Zeiten ändern dich''(c) Constantin Film
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In seinem neuesten Film "Zeiten ändern dich" widmet sich die Produzenten-Legende dem Berliner Rapper Bushido. Eichinger über Jugendliche mit Migrationshintergrund, die erste Liebe und Niederlagen.

Bernd Eichinger
Bernd Eichinger(c) APA/GEORG HOCHMUTH

DiePresse.com: Wieso haben sie sich nach komplexen politischen Filmen wie „Der Baader Meinhof Komplex" dafür entschieden, einen Film über einen Berliner Rapper zu machen?

Bernd Eichinger:
Weil es mich interessiert hat. Mich hat, als ich die Biografie gelesen hatte, das interessiert, was zwischen den Zeilen stand. Viele Jugendliche identifizieren sich mit dem, was er auf der Bühne macht, Jugendliche, die gerade im Umbruch sind und sich selbstverständlich in ihrem Leben nicht so zurecht finden. Das ist die Situation, die Bushido selber so mitgemacht hat, weil er migrantischen Hintergrund hat. In Deutschland haben fast ein Viertel aller Menschen migrantischen Hintergrund. Das ist für beide Seiten eine sehr schwierige Situation, für die noch keine Lösungen gefunden wurde.

Eine Lösung wofür genau?

Für Probleme, die es gibt, wenn sich ein Viertel der Bevölkerung unterrepräsentiert fühlt und sich nicht in der Politik wieder findet.

Meinen Sie damit auch Identitätsprobleme?

Sag ich doch! Jeder Jugendliche hat irgendwann in seinem Leben Identitätsprobleme, das ist vielleicht noch deutlicher bei Menschen mit migrantischem Hintergrund. Das ist ein Phänomen und das interessiert mich, wie sich junge Menschen wieder finden.

Bushido sagt in dem Film, er ist ein Deutscher und auch, er ist ein "Kanake". Ist das ein Widerspruch?

Nein, das ist wie wenn Schwarze zueinander "Nigger" sagen.

Wieso haben Sie sich dazu entschieden, einen biografischen Film zu machen und nicht - wie etwa Martin Scorsese mit Rollin Stones „Shine a Light - einen Konzertfilm?

Weil mich das nicht interessiert hat, aber es ist auch kein biografischer Film. Er ist von Bushidos Biografie inspiriert, nicht mehr und nicht weniger. Aber er ist eher ein "Popmärchen".

Die Familiengeschichte nimmt einen recht großen Stellenwert ein, weniger die musikalische Entwicklung.

Das Binden an die Mutter und das Loslösen vom Vater - das sind archaische Strukturen, die sich immer wieder bei Jugendlichen finden. Völlig egal, wo sie herkommen. Das sind starke Themen, die ich auch in seiner Biografie - zwischen den Zeilen - entdeckt habe. Und die erste große Liebe, die man verliert, aber doch nicht mehr vergisst.

Es gibt starke Abänderungen, auch im Detail. So wurde etwa aus dem Plattenlabel "Aggro Berlin" das Label "Hardcore".  

Mich hat die ganze Aggro-Nummer nicht interessiert.

"Zeiten ändern dich" ist weit weniger aggressiv als man es aus den umstrittenen Texten Bushidos kennt. Haben Sie den Film bewusst entschärft?

Ich habe nichts "entschärft". Das ist die Geschichte, wie ich sie sehe. Vieles, was in der Biografie steht ist auch Imagepflege - er ist Rapper und hat gegenüber seinen Fans eine Verantwortung, den „Toughen" zu spielen. Er ist ja auch tough. Da ergänzen sich sein Erscheinungsbild auch mit dem Bild, das man in der Öffentlichkeit darstellt.  

Das Happy End am Schluss überrascht dann aber doch.

Warum überrascht Sie das? Das ist fast genauso passiert. Er ist jetzt erst mit seinem Vater ins Reine gekommen und seine Mutter auch. Hätten Sie lieber gehabt, dass er im Unglück endet?

Nein, aber im Film fehlen Brüche und Niederlagen. Er nennt sich Bushido - Weg des Kriegers - und geht eigentlich immer als Sieger aus Kämpfen hervor.

Stimmt. Das macht er auch so. Er lässt sehr wenige Leute wirklich an sich ran. Dadurch scheitert er aber auch: Seine Freundin zum Beispiel, die er am meisten geliebt hat, ist ihm weggelaufen. Er hat ihr eine gescheuert und da hat sie "Tschüss" gesagt. Ist das eine Niederlage? Ich denke schon. Das hat ihn sehr bewegt, das weiß ich.

Zu Person

Bernd Eichinger produzierte Filme wie "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", "Der Untergang" und "Der Baader Meinhof Komplex". Für "Zeiten ändern dich" schrieb er auch das Drehbuch.

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