Konfuzius im Garten

Dank des Schnees sind die Frühblüher derzeit gut mit Wasser versorgt. Aber Trockenheit und Hitze kommen bald.
Dank des Schnees sind die Frühblüher derzeit gut mit Wasser versorgt. Aber Trockenheit und Hitze kommen bald.(C) Ute Woltron
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Noch ist die Zeit des Blumengießens draußen nicht gekommen, doch der Kluge denkt bereits an das Bewässerungssystem mittels Tontopf, das schon die alten Chinesen für gut befanden.

Vergangenes Jahr um diese Zeit waren die Fingernägel von Gärtnerhänden bereits schwarz gerändert und die ersten Frühlingsarbeiten erledigt. Nicht so heuer. Schnee bedeckt derzeit noch kniehoch unser liebstes Betätigungsfeld, wir müssen uns gedulden, und wie verplempert der Gartenmensch am liebsten seine Zeit? Natürlich indem er Pläne für die herrlich zum Greifen nahe Saison schmiedet.

Stichwort Schnee: Was jetzt da draußen an gefrorenem Wasser herumliegt, wird nach dem bald zu erwartenden Tauwetter segensreich zu den Wurzeln sickern und die Frühlingsblumen erfrischen. Doch schon wenig später wird die Zeit kommen, da die Hitze die Erde austrocknet, der Blick zum Himmel keinen baldigen Regen erwarten lässt und wieder gegossen werden muss.

Vor mehr als 2000 Jahren standen die Gärtner Chinas vor demselben Bewässerungs-Problem. Möglicherweise gedachte eine oder einer von ihnen der weisen Worte des damals schon lang verschiedenen Konfuzius: „Bewältige eine Schwierigkeit und du hältst dir hundert andere fern.“ Mit Sicherheit aber überlegte dieses Gartengenie genau, wo die Pflanzen Wasser saugen, und wie dieses auf ideale Weise und in optimaler Menge dorthin gelangen könne.

Die Lösung ist simpel und leicht nachahmbar: Ein in der Erde vergrabener, wassergefüllter Tontopf gibt über seine porösen Wände dosiert Feuchtigkeit an das umgebende Erdreich ab. Gegossen wird in den Topf und nicht auf die Erde. Dieses Prinzip, erstmals für China dokumentiert und in den alten Schriften nachzulesen, wurde jedoch auch in anderen Weltgegenden erkannt und für sinnvoll befunden.

Die alten Kulturen Südamerikas etwa verwendeten ursprünglich große poröse Tontöpfe um über die Verdunstung Wasser zu kühlen. In entsprechenden Mengen eingegraben erwiesen sie sich als hervorragende, weil sehr sparsame Bewässerungsmethode für ganze Felder. Heute ist dieses Prinzip als Olla-Bewässerung bekannt. Olla ist das spanische Wort für Topf.

Tatsächlich laufen diverse wissenschaftlich begleitete Experimente in den Trockenregionen dieser Erde, mit dem Ziel, auch unter widrigen Bedingungen wassersparend Landwirtschaft betreiben zu können. Diese simple Variante der sogenannten Unterflurbewässerung zeigt eine Wasserersparnis von bis zu 70 Prozent – in Regionen, in denen Wasser kostbar ist, ein echter Überlebensfaktor.

Doch auch wir Hochbeet- und Topfgärtner können uns das Prinzip zunutze machen, selbst wenn echte Ollas nur schwer aufzutreiben und sündhaft teuer sind. Die einfachste Art der Nachahmung besteht darin, einen nicht zu kleinen Blumentopf aus Ton seines Zweckes zu entfremden. Das Loch im Boden muss natürlich zuvor verschlossen werden, entweder mit geeignetem Kleber, Silikon oder einem Tupfen Mörtel, suchen Sie sich's aus.

Billiges Bewässerungssystem. Vor dem Bepflanzen des eigentlichen Blumengefäßes gräbt man den Topf fast zur Gänze darin ein. Nur der oberste Rand steht ein, zwei Zentimeter über die Erdoberfläche hinaus. Wasser einfüllen, einen Untersatz als Deckel darüberstülpen, und fertig ist das billige Bewässerungssystem.

Die elaboriertere und großvolumigere Variante stellen Sie mit zwei kopfüber aneinandergeklebten Tontöpfen her. Das untere Loch wird natürlich wieder verschlossen, durch das obere wird eingegossen. Handwerklich Begabte vergrößern es zum einfacheren Befüllen mit der Bohrmaschine. Geduldigere füllen die Ollas halt mithilfe eines Trichters an. Diese Variante hat den Vorteil, tiefer ins Erdreich hinunterzureichen, und das ist insofern sinnvoll, als die Wurzeln der rundherum gesetzten Pflanzen den Weg zum Wasser suchen. Sie umschlingen im Laufe der Saison den Topf, saugen die Feuchtigkeit auf, erzeugen damit, primitiv ausgedrückt, einen Unterdruck, sodass mehr Wasser durch die Wände des Gefäßes gesogen wird.

Durstige Balkonpflanzen mit solch einem eingebuddelten Wasserreservoir zu versorgen ist also sicherlich sinnvoll. Wer Lust hat, kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und eine einfache, doch pfiffige Langzeitbewässerung installieren. Dazu braucht man ein etwas höher gelagertes Wasserfass als Reservoir und dünne Schläuche, die zu den Einlasslöchern der oberen Töpfe führen.

Die einfachste Variante sieht dort ein T-förmiges Röhrchen vor, das mit Beilagscheiben und Silikon abgedichtet das Nass in den Olla und zum nächsten weiterleitet. Vielleicht erfinden Sie jedoch eine elegantere und noch einfachere Lösung. Dann würde ihnen Konfuzius sicherlich wohlwollend zunicken, denn Sie folgten damit abermals seiner Lehre: „Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste.“

Lexikon

Olla. So nennt man in spanischsprachigen Ländern Töpfe, aber auch das Bewässerungsprinzip, das mittels eingegrabener, poröser Tontöpfe die Feuchtigkeit direkt bei den Wurzeln der Pflanzen abgibt.

Unterflurbewässerung. Wer einen neuen Garten anlegt und ein bisschen Geld übrig hat, kann sich ein solches unter der Erdoberfläche gelegenes Bewässerungssystem durchaus überlegen. Nähere Informationen werden an dieser Stelle folgen.

Konfuzius. Damit Sie nicht nachschlagen müssen: Der chinesische Philosoph lebte zur Zeit der Zhou-Dynastie vermutlich von 551 bis 479 vor unserer Zeitrechnung in der heutigen Provinz Shandong.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2018)

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