Neue Befehle für „uns“ Deutsche

Das offizielle Deutschland denkt nach erfolgreichem Datenklau in größeren Dimensionen.

Wie immer man zum Ankauf gestohlener Kundendaten durch die deutsche Bundesregierung auch stehen mag – eines ist der Aktion nicht abzusprechen: Sie ist der vermutlich größte politische Coup, den eine europäische Regierung in der jüngeren Vergangenheit landen konnte. Innerhalb von zwei Jahren hat die Bundesrepublik das „Geschäftsmodell Schweiz“ mithilfe von Kriminellen zu Fall gebracht. Konnten sich Kunden aus aller Welt bis vor Kurzem noch der Diskretion eidgenössischer Banken sicher sein, wissen sie heute, dass diese längst die Kontrolle über die Daten ihrer Klienten verloren haben.

Fast täglich werden dem deutschen Staat, der sich in der Szene der Datendiebe einen Namen gemacht hat, geklaute Informationen zum Kauf angeboten. Im Rausch des Erfolges denkt Berlin nun auch schon in größeren Dimensionen. So meinte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in einem Interview mit der Sonntags-„NZZ“: „Und ich sage Ihnen voraus: Wir werden das Bankgeheimnis in Europa abschaffen.“ Hört, hört! Vielleicht schaffen „wir“ demnächst ja auch gleich das Recht auf Privatsphäre ab – samt Datenschutz, Briefgeheimnis und was sonst noch so dazugehört. Und das nur, um ein paar Steuerflüchtlinge zu fangen.

Möglicherweise unterhält sich aber auch jemand mit Herrn Schäuble ein wenig über den Begriff „wir“. Neben Deutschland wären da ja noch 26 andere EU-Mitgliedsstaaten. Auch wenn dieser Umstand die Arbeit deutscher Steuerfahnder auf fast unzumutbare Weise erschwere sollte... (Bericht: S. 15)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2010)

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