Budget: "Kalte Progression" finanziert Familienbonus

Die Regierung schätzt die Kosten für den Familienbonus auf 1,5 Milliarden Euro
Die Regierung schätzt die Kosten für den Familienbonus auf 1,5 Milliarden Euro APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Eine Modellrechnung zeigt: Vom Familienbonus profitieren mittlere Einkommen am stärksten. Untere 30 Prozent erhalten deutlich weniger, obere verlieren durch kalte Progression.

Der mit dem Doppelbudget geplante "Familienbonus" ist durch die "kalte Progression" bereits ausfinanziert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Modellrechnung der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW). Ein weiteres Ergebnis: der Steuerbonus von bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr könnte mehr kosten als von der Regierung erwartet - nämlich über 1,8 (statt 1,5) Milliarden Euro.

Die der APA vorliegenden Ergebnisse einer Modellrechnung der GAW bestätigen grundsätzlich, dass Geringverdiener von den geplanten Entlastungen der Regierung weniger profitieren als die oberen Einkommensgruppen: Insgesamt erhalten die untersten 30 Prozent der Haushalte der Berechnung zufolge nur 17 Prozent der gesamten Entlastung. Trotz des für Alleinverdiener(innen) eingezogenen Mindestbetrags von 250 Euro pro Kind und Jahr. Und auch dann, wenn man die Senkung der Arbeitslosenbeiträge für geringe Einkommen dazurechnet (140 Millionen Euro).

Am stärksten profitieren vom Familienbonus die mittleren Einkommen. Auf diese 30 Prozent der Haushalte entfallen 45 Prozent der Entlastung. Die oberen 40 Prozent der Haushalte erhalten rund 39 Prozent der Gesamtsumme.

Noch deutlicher wird der Vorsprung der mittleren Einkommen, wenn man auch die kalte Progression seit der letzten Steuerreform 2016 berücksichtigt. Diese schleichende jährliche Steuererhöhung spült den Berechnungen zufolge allein heuer 955 Millionen Euro zusätzlich in die Staatskasse. 2019 (im ersten Jahr des Familienbonus) sollen es knapp 1,5 Milliarden Euro sein, 2020 bereits zwei Milliarden Euro.

Die Kosten des Familienbonus werden damit allein durch diesen Effekt wieder kompensiert - und besonders stark betroffen seien höhere Einkommen, sagt Florian Wakolbinger von der GAW. Stellt man die Entlastung durch den Familienbonus der Belastung durch die kalte Progression gegenüber, ergibt sich für die 40 Prozent der best verdienenden Haushalte laut GAW sogar ein Verlust. Dies auch deshalb, weil es in dieser Gruppe besonders viele kinderlose Haushalte gibt, die folglich zwar die kalte Progression spüren, vom Familienbonus aber nichts haben.

Umverteilung wird geschwächt

In Summe können der Berechnung zufolge fast 80 Prozent der Haushalte mit Kindern den Familienbonus voll ausschöpfen - erhalten also die volle Steuergutschrift von 1.500 Euro pro Kind und Jahr. Der Rest erhält weniger oder ist auf den Mindestbetrag von 250 Euro angewiesen, weil wegen des geringen Einkommens weniger Lohnsteuer anfällt. Besonders auffällig ist das bei den Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieher-Haushalten. Hier erhalten 44 Prozent nur den Mindestbetrag.

Die GAW geht daher davon aus, dass der Familienbonus die Umverteilung des Steuersystems von den Gutverdienen zu den Geringverdienern schwächt. Weil die Regierung die eigentlich angekündigte Abschaffung der kalten Progression bisher nicht umgesetzt habe, werde dieser Effekt aber abgemildert. "Im Zusammenspiel von kalter Progression und den geplanten Entlastungen entstehen dadurch jedoch Verteilungswirkungen, bei denen die Haushalte mit dem höchsten Steueraufkommen auch am stärksten belastet werden", schreiben Wakolbinger und sein Co-Autor Viktor Steiner dazu.

Warum die Regierung die Kosten des Familienbonus niedriger einschätzt als seine Modellrechnung - nämlich mit 1,5 statt 1,8 Milliarden Euro - ist für Wakolbinger nicht ganz klar. Er verweist darauf, dass auch die ÖVP den Familienbonus im Wahlkampf mit zwei Milliarden Euro beziffert habe. Möglicherweise rechne die Regierung damit, dass der Bonus nicht komplett ausgeschöpft werde, wogegen die Modellrechnung von der Annahme einer 100-prozentigen Ausschöpfung ausgehe.

(APA)

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