Budgetrede: „Es beginnt eine gute, neue Zeit“

Aufmerksame Zuhörer auf der Regierungsbank (von links, stehend Finanzminister Löger): Verkehrsminister Hofer, Kanzleramtsminister Blümel.
Aufmerksame Zuhörer auf der Regierungsbank (von links, stehend Finanzminister Löger): Verkehrsminister Hofer, Kanzleramtsminister Blümel.APA/GEORG HOCHMUTH
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Finanzminister Hartwig Löger hielt eine sachliche 74-minütige Rede und appellierte hilfesuchend an die Opposition.

Wien. Es war eine ungewöhnliche Budgetrede, wie man sie in dieser Art noch nicht gehört hat. Sachlich, nüchtern und ohne Angriffe auf die politischen Gegner. Ein Seitenhieb auf den SPÖ-Wahlslogan „Holen Sie sich, was Ihnen zusteht“ fand sich zwar im Redetext von Hartwig Löger (ÖVP), vor den Nationalratsabgeordneten aber verkniff sich der Finanzminister die Bemerkung.

Selbst die Zwischenrufe waren zu vernachlässigen – jetzt, da die FPÖ in der Regierung sitzt und die SPÖ erst ihre Oppositionsrolle finden muss. Alles in allem ein Auftritt, der eher, wie ein Beobachter meinte, an die Powerpointpräsentation eines Versicherungsexperten erinnerte. Ein wenig hängt Löger seine Vergangenheit eben nach – ihm, dem „Quereinsteiger in die Politik“, wie er in der Rede mehrfach betont hat.

Dabei war dieser Auftritt eines Finanzministers einer, der Geschichte schrieb. Zum ersten Mal seit 65 Jahren wird der Bund wieder einen Überschuss erarbeiten. 2019 werden laut Plan um 541,2 Millionen Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Zwar hatte das auch Karl-Heinz Grasser vor 18 Jahren versprochen. Damals mit dem Kalauer „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget“. Am Ende des Jahres 2001 stand jedoch ein Minus von 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – und das, obwohl Grasser damals das Familiensilber der Republik verkauft und Steuervorauszahlungen der Selbstständigen initiiert hatte.

Diesmal aber soll das Plus nachhaltig sein. Bis zum Ende der Legislaturperiode wirken die Einsparungen nach, die man heuer und im kommenden Jahr vornimmt. Auch die geplante Steuerreform im Jahr 2020 im Umfang von 3,5 Milliarden Euro soll keine Auswirkungen auf die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung haben (die strukturelle Berechnung und die Defizitberechnung nach den Maastricht-Kriterien sieht ein wenig anders aus, Details dazu auf Seite 4). Das Doppelbudget 2018/2019 haben die Beamten des Finanzministeriums in der Rekordzeit von 93 Tagen erarbeitet.

Abgabenquote sinkt auf 41 Prozent

Ein erfreulicher Nebeneffekt der Sparpolitik: Auch die Abgabenquote sinkt, bis zum Jahr 2022 laut Finanzrahmen auf 40,9Prozent. Bisher habe die Regierung bereits Entlastungen in Höhe von 1,9Milliarden Euro beschlossen, etwa durch den Kinderbonus ab 2019, durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und die Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Tourismus von 13 auf zehn Prozent. Es beginne, meinte Löger in seiner Rede nicht gerade bescheiden, „eine gute, neue Zeit“.

Für einige Erheiterung bei den Abgeordneten der Opposition sorgte der Finanzminister mit der Kritik an früheren Regierungen: Bei ihnen seien Steuererleichterungen teilweise nach dem Prinzip erfolgt, dass man „den Menschen etwas in die rechte Tasche steckt, was man ihnen aus der linken wieder herausnimmt“. Die ÖVP gehört seit 1987 allen Bundesregierungen an.

Einen guten Teil der 74 Minuten, die der 52-Jährige zu den Mandataren sprach, widmete er den Zielen des Staatshaushalts: Leistung müsse sich lohnen, die Bürger sollen entlastet werden, man wolle im System sparen. Leistung, meinte Löger, sei etwas, „was sich lohnt, nicht etwas, wofür man sich genieren muss“. Deshalb bekenne sich die Regierung dazu, dass der Einkommensunterschied zwischen arbeitenden und nicht arbeitenden Menschen nicht so gering sein dürfe, „dass es sich nicht lohnt, die Anstrengungen eines Arbeitsalltags in Kauf zu nehmen“. Ausdrücklich bedankte sich der Finanzminister bei den „Österreicherinnen und Österreichern für ihren Fleiß und ihren Einsatz“.

Dass die Regierung deswegen „bei den Ärmsten spart und den Sozialstaat demontiert“, wie man ihr vorwerfe, sei „nicht richtig“. Man erhöhe die Ausgaben für die soziale Sicherheit auf insgesamt 50,7 Prozent des Budgets – 40 Milliarden Euro im Jahr 2019 (plus 1,1 Prozentpunkte). Am Ende seiner Rede ergänzte Löger noch: „Ich habe Vorsorge getroffen, wir sparen nicht bei den Ärmsten.“

Appell an die Opposition

Für die Reformmaßnahmen, die diese ÖVP-FPÖ-Koalition plant, bat Löger die Opposition um Unterstützung. Es gehe um den Staat Österreich und um eine „neue Zukunft“. Man müsse sich gemeinsam anstrengen, dass die Heimat „für unsere Kinder und Enkelkinder nicht Last, sondern Sprungbrett in eine gute Zukunft“ sei. Das „Verantwortungsbewusstsein der Opposition“ sei vor allem bei der Pensionsfrage wichtig. Bereits jeder vierte Euro des Budgets fließe in die Pensionen, die Ausgaben würden weiter steigen, Reformen seien dringend nötig.

Hier gilt, was Löger als Motto über alle Reformen gestellt hat. Ein Spruch des Philosophen Seneca: „Nicht, weil es schwer ist, wagen wir's nicht, sondern, weil wir's nicht wagen, ist es schwer.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2018)

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