Leistung, Leistung, Leistung – und No more taxes

Finanzminister Hartwig Löger stellt die Budgetpläne der Regierung im Parlament vor.
Finanzminister Hartwig Löger stellt die Budgetpläne der Regierung im Parlament vor.APA/GEORG HOCHMUTH
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Das Leben – und auch die Politik – ist relativ: Im Vergleich zu dem, was man bisher gewohnt war, ist das türkis-blaue Budget ambitioniert. Sonst eher nicht.

George Bush, der Ältere, versprach 1988 als US-Präsident: „Read my lips – no new taxes!“ Hartwig Löger, der mit dessen Sohn George W. eine gewisse optische Ähnlichkeit aufweist, gab in seiner ersten Budgetrede als Finanzminister dieses Versprechen auf Deutsch ab: „Keine neuen Steuern!“ Dafür ist das Neunzigerjahre-Mantra „Jobs, Jobs, Jobs“ des damaligen Finanzministers und Bundeskanzlers Viktor Klima heute der Losung „Leistung, Leistung, Leistung“ gewichen. Ein Begriff, der Hartwig Lögers Budgetrede prägte wie kein zweiter.

Die österreichische Mitte-rechts-Regierung hält auf den ersten Blick, was man sich von einer Mitte-rechts-Regierung verspricht: Wer sich anstrengt, wird belohnt. Niemand soll an staatlicher Hilfe mehr erhalten als durch eigene Arbeit. Eine Politik für die breite Mittelschicht. Für die Menschen, die (bereits) hier leben – und Kinder haben.

>> Das türkis-blaue Budget im Detail

Anreize, die weitere Menschen anziehen, sollen so weit wie möglich vermindert werden (außer für jene, die auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden). Wie immer das dann konkret auch ausgestaltet werden soll. Bei der Kürzung der Mindestsicherung hat der Verfassungsgerichtshof der Bundesregierung schon einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Eine restriktivere Zuwanderungspolitik, das war das zentrale Wahlversprechen von ÖVP und FPÖ. Dieses Thema hält die beiden Regierungsparteien, die Liberalkonservativen und die Nationalkonservativen, auch zusammen. Das zweite war eine Abkehr von der bisherigen Schuldenpolitik. Auch dieser Weg wurde nun eingeschlagen, ein Nulldefizit ist in Reichweite.

Wann, wenn nicht jetzt?

Allerdings lässt sich mit der Opposition fragen: Wann, wenn nicht jetzt? Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit für Budgetüberschüsse und Schuldenabbau? Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Steuereinnahmen fließen. So leicht war es schon lange nicht mehr, auch den zweiten Teil eines der zentralen Lehrsätze des Keynesianismus einzuhalten: Spare in guten Zeiten. Damit du dann hast in der Not.

Grundsätzlich muss man dieser Regierung eines einmal lassen: Sie hat dieses Ziel eines ausgeglichen Staatshaushaltes. Hält man sich die früheren rot-schwarzen Regierungen vor Augen, ist man sich nicht so sicher, ob diese eine solche Ambition auch gehabt hätte. Trotz Hochkonjunktur.

Dennoch ist Skepsis angebracht, ob dieses Ziel auch wirklich zu erreichen sein wird. Für die Abschaffung des Pflege-Regresses beispielsweise hat die Regierung nun im Budget rund 100 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Die Ländern und Gemeinden sprechen allerdings von anfallenden Kosten von bis zu 650 Millionen Euro pro Jahr.

Und dann wären da noch die stetig steigenden staatlichen Zuschüsse zu den Pensionen. Dieses Problem wird sich nicht von selbst lösen, hier wird man strukturell und vorausschauend eingreifen müssen. Dafür scheut die Regierung jedoch noch zurück. Jedenfalls vor gravierenden Änderungen. Sie setzt hier vorerst die Politik der kleinen Schritte der großkoalitionären Vorgängerregierungen fort.

Und dann wäre da noch eine Föderalismusreform – und auch eine Förderpolitikreform –, die diesen Namen wirklich verdient. Zugegeben: Das sagt sich natürlich leicht. Wie mittlerweile auch der als Rechnungshofpräsident noch so forsche Josef Moser weiß. Nun ist er in den Niederungen der österreichischen Realpolitik angekommen.

"Wenderegierung"

Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget“, sagte Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei seiner ersten Budgetrede der damals neuen ÖVP-FPÖ-Koalition im Jahr 2000. Das aktuelle Budget der Neuauflage in Türkis-Blau ist jedenfalls einmal ein Anfang. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht auf Sand – und Einmaleffekte – gebaut ist wie das Nulldefizit von Schwarz-Blau I.

Gelingt es dieses Mal nachhaltig, dann würde die Kurz-Strache-Koalition den Titel „Wenderegierung“ wirklich verdienen. Aber schauen wir mal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2018)

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