Chlorgas: Das leicht herstellbare Gift

Es wurde schon 1915 als Giftwaffe eingesetzt. Seine Benutzung als Waffe ist verboten, aus guten Gründen aber nicht die Produktion.

Chlor (Cl) ist 1915 am Beginn der chemischen Kriegsführung im Ersten Weltkrieg gestanden und verbreitet rund 100 Jahre später in Syrien wieder Schrecken: Die USA werfen Assads Regime vor, am Wochenende nahe Damaskus Chlorgas eingesetzt zu haben. Über etwa –34 Grad Celsius ist das Element sehr flüchtig und extrem reaktionsfreudig, es bildet bei Kontakt mit der Feuchtigkeit der Atemwege und Augen stark reizende Säuren. Bei längerem Kontakt folgen Bluthusten, Zellzerstörung. Etwa 0,5–1 Prozent Chloranteil in der Atemluft sind tödlich.

Das gelbgrüne Gas (griechisch „chloros“ bedeutet hellgrün) kann man unter Druck bei Normaltemperatur verflüssigen und in Stahlflaschen lagern oder mit gelöschtem Kalk zu Chlorkalkpulver binden; bei Letzterem wird Cl durch Zugabe von Säuren oder bei Kontakt mit CO2 und Luftfeuchtigkeit wieder frei. Da Chlor eine samt ihrer Verbindungen in Industrie, Gewerbe und Alltag oft benutzte Substanz ist (auch zur Desinfektion von Wasser, weshalb man den Geruch aus öffentlichen Bädern kennt), steht es auch nicht auf der Verbots- bzw. Kontrollliste des Chemiewaffenabkommens 1997. Zwar ist der waffenmäßige Einsatz chemischer Stoffe zwecks Giftwirkung verboten, doch als die Mitarbeiter der C-Waffen-Verbotsbehörde OPCW 2014 Syriens Chemiewaffenbestände (etwa Sarin, Senfgas) außer Landes geschafft haben, war Chlor daher kein Thema.

Die Beseitigung syrischer Chlorbestände würde indes die zivile Nutzung behindern und wäre ohnehin sinnlos: Chlor, das in der Natur selten vorkommt, lässt sich leicht und praktisch unbegrenzt durch Elektrolyse aus Salzwasser erzeugen: Man gibt Elektroden hinein, lässt Strom fließen – an der negativ geladenen Kathode entsteht Wasserstoff, an der positiven Anode elementares Cl2. (wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2018)


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