Sachbeschädigung: Zettelpoet Seethaler verurteilt

Helmut Seethaler
Helmut Seethaler(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Seine Pflück-Texte sind an vielen öffentlichen Plätzen zu sehen, nun ist der Dichter Helmut Seethaler zu zwei Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Noch im Gericht beschriftete er erneut den Fußboden.

Der Wiener "Zettelpoet" Helmut Seethaler, der seit 35 Jahren im öffentlichen Raum seine sogenannten Pflück-Texte hinterlässt, ist am Donnerstag im Straflandesgericht wegen Sachbeschädigung zu zwei Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Richterin Andrea Wolfrum achtete es als erwiesen an, dass der 56-Jährige im vergangenen Herbst am Vorplatz des Museumsquartiers 13 Steinplatten mit einem Textmarker verunstaltet hatte, indem er den Schriftzug "www.hoffnung.at" und seine Telefonnummer hinterließ.

Seethaler, der "im Sinne der Freiheit der Kunst" einen Freispruch verlangt hatte, meldete volle Berufung an, verließ den Verhandlungssaal, zückte einen Filzstift und beschriftete in großen Lettern den Fußboden mit "www.hoffnung.at" und der Nummer seines Festnetzanschlusses. Zusätzlich brachte er den Schriftzug "Kunstverbreitung bringt mi ins Häf'n" an.

Die Richterin hatte mit einer Provokation des Künstlers gerechnet und daher vorsorglich Saalschutz angefordert. Die zwei dafür abgestellten Uniformierten sahen Seethaler jedoch seelenruhig zu, wie er sich am Fußboden "verewigte".

Zu den inkriminierten Schmierereien im Museumsquartier (MQ) meinte Seethaler: "Schade, dass ich es nicht war." Er habe zwar "pausenlos" und "ununterbrochen" im öffentlichen Raum - auch im MQ - Texte  hinterlassen, allerdings nicht jene, die laut Anklage zwischen 30. Oktober und 2. November 2009 entstanden sind. Offensichtlich habe ihn jemand auf den Steinplatten kopiert. Von der Verurteilung lasse er sich nicht einschüchtern: "In einer halben Stunde mach' ich weiter. Das ist mein Job."

Graphologe belastet Seethaler

Ein vom Gericht beigezogener Schriftsachverständiger stellte in Bezug auf die inkriminierten Verunstaltungen jedoch in seinem Gutachten fest: "Aufgrund der Schriftformen spricht alles dafür, dass es der Herr Seethaler geschrieben hat."

Bei dieser Gelegenheit ersuchte der Graphologe den Künstler, ihn zukünftig nicht mehr mit Mails "zuzumüllen", worauf ihm Seethaler beschied: "Jeder, der sich anmaßt, in diesem Theater mitzuspielen, wird von mir informiert. Alle sollen Bescheid wissen."

(APA)

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